Anatols Liebe zu den Damen ist aber auch einzig, jedes Mal aufs Neue. Der Anatol ist ein Extremromantiker und Illusionskünstler. Ein Augenblicksmensch, der sich ganz und gar hingibt: seinen Stimmungen. Leben tut er für den 'Kick' der höchsten Herzensregung, die er mit (mehr oder weniger) Heuchelei am Köcheln hält: Er weiß halt um die Flüchtigkeit des Liebelns und leidet schrecklich unter dessen Siechtum (wobei sein Leid am größten ist, wenn er feststellen muss, dass er nicht so inbrünstig geliebt wird, wie er es erwartet). Fachmann für das Wesen des (Selbst-) Betrugs und Betrogen-Werdens.
Der Arthur Schnitzler hat den Anatol vor gut hundertzwanzig Jahren in die Welt gesetzt – und da er nicht gestorben ist (der Anatol), tollt und quält und träumt er sich durch unsere Tage wie durchs Fin seines Siècles. Charmant, selbstgefällig, depressiv, (sehn-)süchtig, empathiebefreit, verantwortungslos, grandios, rastlos, ratlos: Damals ein echter Oberschichten-Spross, heute ein echter Jedermann: WIR SIND NARZISST. Uns bespiegelnd in unseren 'Errungenschaften', ob es Menschen sind oder Konsumartikel. Nichts ohne Bewunderung und 'Liebe' anderer
(für die wir uns unermüdlich 'optimieren'), uns auf den Bühnen der Zeit in Posen werfend, zappelnd im Gewirr der inneren und äußeren Strippen, die man (wie frau) doch so gerne frei in der Hand hätte…
Das mag traurig sein, aber es ist auch absurd und schräg und ganz schön komisch: und genau das ist
ANATOL.
Regie: Andreas Seyferth
Regieassistenz: Eva Maria Reichert
Raum/Licht: Stephan Joachim
Kostüm: Johannes Schrödl | Video: Ardhi Engl
Dramaturgie: Margrit Carls
Mit
Urte Gudian | Ardhi Engl
Hannes Berg | Deborah Müller| Alexander Wagner