1984 ist längst Vergangenheit, auf den ersten Blick scheinen sich die freien Demokratien behauptet zu haben. Ist »1984« also Geschichte geworden?
Robert Icke und Duncan Macmillan treten mit ihrer Bearbeitung den Gegenbeweis an. Ohne das Original zu beschädigen, schlagen sie Brücken in die Gegenwart. Aus einer nicht allzu fernen Zukunft – vielleicht 2050 – betrachten sie das Schicksal des Winston Smith, der sich gegen einen allgegenwärtigen Staat auflehnt, Freiheit in der Liebe zu Julia sucht, in der er glaubt, eine Mitstreiterin gefunden zu haben. Aber wie soll man seinen Standpunkt verteidigen, wenn es keine objektive Wahrheit mehr gibt? Wenn selbst die eigene Biografie sich aufzulösen scheint, weil Details aus ihr verschwinden. Was tun, wenn Geschichte durch Geschichten ersetzt wird, die jedes Individuum sich selbst erzählt und zur Wahrheit erklärt. Woran soll man sich orientieren, wenn das Ich zur letztgültigen Instanz wird?
Es ist zu beachten, dass die Tiefgarage auch an warmen Sommerabenden ein kühler Ort ist! Warme Kleidung wird empfohlen.
George Orwell
George Orwell, eigentlich Eric Arthur Blair, 1903 in Indien geboren, war Romanautor, Essayist, Journalist. Wie viele europäische Intellektuelle kämpfte er ab 1936 im spanischen Bürgerkrieg gegen die Faschisten. Seine beiden dystopischen Romane »Farm der Tiere« und »1984« haben ihn weltberühmt gemacht. 2007 veröffentlichte Dokumente belegen, dass er wegen seiner linken Ideen ab 1929 von einer Spezialabteilung von Scotland Yard überwacht wurde. Pikanterweise hat er aber auch selbst für den britischen Geheimdienst gearbeitet. Als er 1950 starb, lag das Erscheinen von »1984« gerade mal ein Jahr zurück. Mittlerweile ist das Buch in mehr als 30 Sprachen übersetzt und hat Millionenauflagen erreicht.
Vom 19. August bis 10. September läuft George Orwells Utopie in der DT — X Tiefgarage als multimedialer Erlebnisraum. Die Teilung in Zuschauerraum und Bühne wird aufgehoben, das Theater hörbar und räumlich neu erfahrbar. Der Roman, an dem sich auch die Göttinger Inszenierung orientiert, wurde 1948 verfasst, die Theaterfassung von Robert Icke und Duncan Macmillan projiziert »1984« unter anderem auf das Jahr 2050.