Helgard Haug und Daniel Wetzel von Rimini Protokoll haben für die Installation mit Menschen über ihre Erfahrungen mit „Die Judenbuche“ und mit den Themen dieses Textes gesprochen: häusliche Gewalt, Suchterkrankungen, prekäres Leben, Klassismus, Antisemitismus, Korruption und gebeugtes Recht. Sie interessierten sich außerdem für die Mechanismen einer Gemeinschaft.
Die Themen des Textes, der 1842 erstmals erschien, sind so gegenwärtig, dass Helgard Haug und Daniel Wetzel sich für eine für sie ungewöhnliche künstlerische Praxis entschieden haben. In ihrer langjährigen Inszenierungspraxis haben sie oft Originaltexte überschrieben und Protagonist*innen gegen Expert*innen aus der heutigen Alltagskultur ausgewechselt, für diese Arbeit wenden sie sich ein zweites Mal dem ursprünglichen Text zu - und nehmen kleine, aber entscheidende operative Eingriffe in das Original vor. Wie klingt der Text etwa im Präsens? Wie, wenn er aus verschiedenen Perspektiven zeitgleich erzählt wird? Was geschieht, wenn die Figuren der Geschichte zu Stimmen werden und diese sich den Droste-Text subjektiv aneignen? Was, wenn die Besucher*innen sich gegenseitig Rollen zuweisen? Wie ändert sich ihre Wahrnehmung des Textes, wenn sie Platz nehmen auf einem der acht Hochsitze, die in dem Wäldchen hinter der Burg aufgebaut sind, um von dort aus die „16 Szenen für einen Wald“ zu erleben? Haug und Wetzel öffnen den Text Drostes für ein gänzlich anderes Erleben: Kann sich im Hier und Jetzt eines Waldes eine Gruppe von Menschen in den Text hineinschreiben?
„Wo sonst ein Jäger möglichst stillsitzt, um zu beobachten und zu handeln, ertönen nun Stimmen und Klänge, und den Besucher*innen werden Instruktionen zugespielt, die sie nicht nur zu Rezipient*innen des aktualisierten Textes werden lassen, sondern zu Mitspielenden, denen es vielleicht gemeinsam gelingen mag, die Gespenster der Vergangenheit aus diesem Wäldchen zu jagen,“ so Helgard Haug und Daniel Wetzel über ihre Inszenierung der „Judenbuche“.
Die Installation ist Teil des zweijährigen Projekts „Mit den Gespenstern leben (haunting|heritage)“ von Burg Hülshoff - Center for Literature (CfL). Es befasst sich mit der Frage, wie das Werk von Annette von Droste-Hülshoff als nationales kulturelles Erbe in einer diversen Gesellschaft neu gelesen werden kann. Neben Helgard Haug und Daniel Wetzel von Rimini Protokoll inszeniert auch der Berliner Medienkünstler Daniel Laufer „Die Judenbuche“. Am 23. September wird seine Video-Installation „The Geometry of Hope“ in Halle B/Am Hawerkamp in Kooperation mit LITFILMS – Literatur Film Festival Münster eröffnet.
Eröffnung
2. September 2022, 18 Uhr
„16 Szenen für einen Wald“
Installation von Rimini Protokoll (Helgard Haug/Daniel Wetzel)
20 Uhr: Artist Talk mit Helgard Haug & Daniel Wetzel
Eintritt frei!
Ort: Burg Hülshoff (Park), Schonebeck 6, Havixbeck
Die Installation ist geöffnet vom 3.9. bis 9.10.2022, jeweils Mittwoch bis Sonntag, 11–17 Uhr, Ticket 5€
Infos unter: www.burg-huelshoff.de/programm/ausstellungen/rimini-protokoll-16-szenen-fuer-einen-wald
Mit den Stimmen von: Gerd Brendel, Heiko Daniels, Bettina Grahs, Vassilis Koukalani, Lorenz Krieger, Jacques Malan, Mia Rainprechter, Hilmar Wittler, Christoph Bornmüller, Dagmar Cassens, David Ristau und anderen
Konzept, Textbearbeitung, Sound: Helgard Haug und Daniel Wetzel
Video: Marc Jungreithmeier
Sound, Mischung: Frank Böhle
Technische Leitung: Patrick Tucholski
Assistenz: Lisa Homburger
Produktionsleitung CfL: Sophie Stroux
Produktionsleitung RP: Vera Nau
Orientalische Musik: Aspa Anogiati (Lyra, Bendir, Musikalische Beratung und Arrangement), Badee Alhindi (Geige, Rebab, Cello) Ahmad Almir (Oud), Özlem Yilmaz (Ney)
Unter Verwendung von Nisiotikos Chorus (Traditional), To Minore Tis Avis (Traditional), Franz Schubert: Gute Nacht.
„Mit den Gespenstern leben (haunting|heritage)“ wird gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes, von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen im Programm „Regionales Kultur Programm NRW“, durch die Commerzbank-Stiftung und die Kunststiftung NRW.
„16 Szenen für einen Wald“ ist eine Koproduktion von Burg Hülshoff – Center for Literature mit Rimini Apparat und wird gefördert durch die Kunststiftung NRW, das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen und das Landesbüro Freie Darstellende Künste.
Präsentiert von Kultur.West, taz. die Tageszeitung und dem WDR 3.
Burg Hülshoff – Center for Literature im Internet
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