Der Direktor des Hotels, Strasser, ein abgesetzter Offizier und abgehalfterter Leinwandstar, ist längst nicht mehr liquide. Dementsprechend abhängig ist er von dem einzigen zahlenden Dauergast, der Baronin Ada Freifrau von Stetten, „ein aufgebügeltes, verdorrtes weibliches Wesen mit Torschlusspanik“, das seine Macht als zahlungskräftige Frau geradezu diktatorisch für ihre sexuellen und emotionalen Bedürfnisse zu nutzen weiss. Bis eine junge, hellsichtige Gestalt namens Christine auftaucht und das finstere Idyll stört.
Ödön von Horváth schrieb seine prognostische, bitterböse und hochkomische Gesellschaftssatire „Zur schönen Aussicht“ im Jahr 1926; uraufgeführt wurde sie erst 1969. Parolen wie „Man könnte doch ruhig einige Millionen Menschen vernichten!“ oder „Wir brauchen einen neuen Krieg!“ sind selbstverständlich salonfähig in dieser dem Untergang geweihten Gesellschaft, die notfalls auch mal ohne Champagner auskommt: „So trinken wir eben mit Jauche auf unsere Ideale!“
Barbara Frey, in deren Regie die durchaus gegenwartsnahe „Schöne Aussicht“ zu erleben sein wird, sieht darin unter anderem „ein zerfallendes Europa, zerfallende Männer und den radikalen Verlust von Vernunft, Mitgefühl und politischer Vision“.
Die Schauspielhaus-Intendantin hat von Horváth bereits „Die Unbekannte aus der Seine“ und „Geschichten aus dem Wienerwald“ inszeniert.
Barbara Frey war nach Arbeiten u.a. am Theater Neumarkt, am Nationaltheater Mannheim und am Deutschen Schauspielhaus Hamburg von 1999 bis 2001 Hausregisseurin an der Schaubühne am Lehniner Platz Berlin, 2005 bis 2008 in gleicher Funktion am Deutschen Theater Berlin. Wiederholt inszenierte sie am Theater Basel, am Bayerischen Staatsschauspiel in München („Onkel Wanja“ wurde 2004 zum Berliner Theatertreffen eingeladen), am Burgtheater Wien und bei den Salzburger Festspielen.
Am Schauspielhaus Zürich führte sie 2005 bei Ibsens „John Gabriel Borkman“ und 2007 bei Schnitzlers „Reigen“ Regie. Seit der Spielzeit 2009/10 ist Barbara Frey Künstlerische Direktorin, seit 2011/12 Intendantin des Schauspielhauses Zürich. Seitdem waren hier in ihrer Regie u.a. Schillers „Maria Stuart“, Shakespeares „Was ihr wollt“, die Uraufführung „Malaga“ von Lukas Bärfuss, das Edgar Allan Poe-Projekt „A Dream Within a Dream“ und „Platonow“ von Anton Tschechow zu sehen. In der Spielzeit 2011/12 inszenierte sie Büchners „Leonce und Lena“ und „Richard III.“ von William Shakespeare, 2012/13 Ibsens „Baumeister Solness“, „Der Menschenfeind“ von Molière sowie – im Rahmen von „Arm und Reich – „Die schwarze Halle“ von Lukas Bärfuss. 2013/14 eröffnete sie mit Kafkas „Prozess“ die Spielzeit im Pfauen und inszenierte Goldonis „Der Diener zweier Herren“, 2014/15 waren ihre Inszenierungen von Tschechows „Drei Schwestern“ und „Yvonne, die Burgunderprinzessin“ von Witold Gombrowicz zu sehen, 2015/16 folgten die deutschsprachige Erstaufführung von Jon Fosses „Meer“ und das zusammen mit Fritz Hauser entstandene Projekt „Nachtstück“. In der Saison 2016/17 inszenierte sie die Uraufführung „Frau Schmitz“ von Lukas Bärfuss und „Jakob von Gunten“ nach dem Roman von Robert Walser, im Oktober 2018 dann im Pfauen Kleists „Der zerbrochne Krug“. Im Mai 2016 wurde Barbara Frey für ihre Verdienste um das Theaterschaffen in der Schweiz der Schweizer Theaterpreis verliehen.
ZUR SCHÖNEN AUSSICHT
Eine Komödie von Ödön von Horváth
- Regie Barbara Frey
- BühneBettina Meyer
- Kostüme Bettina Walter
- LichtRainer Küng
- Dramaturgie Amely Joana Haag
Mit:
- Strasser Michael Maertens
- Müller Markus Scheumann
- Max Edmund Telgenkämper
- Karl Nicolas Rosat
- E. Freiherr von Stetten Hans Kremer
- Ada Freifrau von Stetten Friederike Wagner
- Christine Carolin Conrad
Weitere Vorstellungen im Schiffbau/Halle
- 19./ 20./ 28. Februar, jeweils 20 Uhr - 25. Februar, 19 Uhr
- 1./ 2./ 6./ 7. März, jeweils 20 Uhr - 4. März, 19 Uhr
Weitere Vorstellungen im April, Mai und Juni sind in Planung.
Bild: Ödön von Horváth