Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
Wuppertaler Bühnen: DAS GOLDENE VLIES von Franz Grillparzer und Kai SchubertWuppertaler Bühnen: DAS GOLDENE VLIES von Franz Grillparzer und Kai SchubertWuppertaler Bühnen: DAS...

Wuppertaler Bühnen: DAS GOLDENE VLIES von Franz Grillparzer und Kai Schubert

Premiere am 05. Februar 2011, 19.30 Uhr im Opernhaus

 

Als nichts Geringeres als die „große Tragödie des Lebens“ bezeichnete Grillparzer seine Trilogie Das goldene Vlies, das er um 1820 niederschrieb. Es besteht aus den Trauerspielen Der Gastfreund, Die Argonauten und Medea und erzählt die antike Sage von Jason und Medea.

Ein Traum hat dem Griechen Phryxos befohlen, das Goldene Vlies, ein heiliges Widderfell, nach Kolchis zu bringen. Dessen König Aites bricht das Gastrecht, tötet Phryxos und raubt das Vlies. Jahre später landen erneut Griechen in Kolchis: Jason und die Argonauten wollen Phryxos rächen und das Vlies zurückholen. Aietes bittet seine zauberkundige Tochter Medea um Hilfe. Diese verliebt sich jedoch in Jason und hilft ihm, das goldene Widderfell zu rauben. Gemeinsam fliehen sie aus Kolchis. Nach langer Irrfahrt landen sie schließlich in Korinth, von König Kreon geduldet.

 

Doch Medea bleibt in diesem Land eine Fremde, von Vorurteilen und Hass verfolgt. Ihre Ehe, der zwei Kinder entsprungen sind, ist inzwischen zerrüttet. Als sich Jason in Kreons Tochter Kreusa verliebt, rächt sich Medea für den Verrat, indem sie erst ihre Nebenbuhlerin und anschließend ihre eigenen Kinder tötet.

 

Franz Grillparzer rückt ins Zentrum seines Werks die Schilderung der Beziehung zwischen Jason und Medea – das jähe und doch berechnende sich ineinander Verlieben; das schuldig Werden durch die unerbittliche Konsequenz ihres Tuns; den Hass auf den anderen nach jahrelanger Irrfahrt. Doch als wesentliche Ursache für das Scheitern ihrer Liebe betont Grillparzer den Moment der Fremdheit, des Ausgestoßenseins, des nicht Verstandenwerdens Medeas, er lässt die „barbarische“ Kolcherin an der

zivilisierten Xenophobie Korinths verzweifeln. Aus dem Mythos Medea hat Grillparzer das Psychogramm einer Ausgestoßenen geschaffen, deren Ehe mit Jason unter anderem an kulturellen Unterschieden scheitert.

 

Im Zuge der mit dem Stück Eleni bereits in der letzten Spielzeit begonnenen künstlerischen Auseinandersetzung mit der Migrationsthematik stellt Grillparzers Das Goldene Vlies die konsequente Weiterführung dieses Sujets dar. Autor Kai Schubert hat die Trauerspiele Der Gastfreund und Die

Argonauten zur Grundlage für eine Neudichtung genommen, in der er das Thema des Fremdseins durch die Einbeziehung aktueller Positionen innerhalb der Migrationsdebatte zusätzlich ergänzt und verdichtet.

 

Das Goldene Vlies ist eine Koproduktion der Wuppertaler Bühnen mit der türkischen Theatergruppe „Elele Tiyatrosu“ („Hand in Hand-Theater“). Die Gruppe ist seit über 20 Jahren in Wuppertal beheimatet und hat inzwischen rund ein Dutzend Inszenierungen, Komödien wie auch Dramen herausgebracht; ihre Besucher kommen zu ihren Vorstellungen aus ganz Nordrhein-Westfalen. Im Mai letzten Jahres hatte ihre letzte Produktion, die Komödie Ceza Kanunu („Strafgesetzbuch“), Premiere im Opernhaus.

 

Inszenierung Jenke Nordalm

Bühne und Kostüme Birgit Stoessel

Chorleitung Peter Wallgram

Dramaturgie Oliver Held

 

Mit:

Gökhan Duruduygu, Seval Güngör, Veysel Karadon, Nilüfer Karadon-Özkandemir, Gül Koral, Holger Kraft, Maresa Lühle, Martin Molitor, Esra Özcan, Juliane Pempelfort, Gülcin Tuncer, Ali Ünal, Marco Wohlwend

 

Die nächsten Vorstellungen sind am 09. / 11. / 19. und 27. Februar 2011 im Opernhaus.

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 15 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

GLUT UND FEUER -- Jubiläumskonzert 40 Jahre Kammersinfonie im Kronenzentrum BIETIGHEIM-BISSINGEN

1984 wurde dieser für die Region so bedeutende Klangkörper von Peter Wallinger gegründet. Unter der inspirierenden Leitung von Peter Wallinger (der unter anderem bei Sergiu Celibidache studierte)…

Von: ALEXANDER WALTHER

EINE FAST HYPNOTISCHE STIMMUNG -- Gastspiel "Familie" von Milo Rau mit dem NT Gent im Schauspielhaus STUTTGART

Dieses Stück erzielte bei Kritikern zum einen große Zustimmung, zum anderen schroffe Ablehnung. Vor allem die nihilistischen Tendenzen wurden getadelt. Der Schweizer Milo Rau hat hier das beklemmende…

Von: ALEXANDER WALTHER

MIT LEIDENSCHAFTLICHEM ÜBERSCHWANG -- Richard Wagners "Walküre" mit dem Rotterdam Philharmonic Orchestra konzertant im Festspielhaus/BADEN-BADEN

Wagner hatte die Komposition der "Walküre" im Sommer 1854 begonnen, noch vor der Vollendung der "Rheingold"-Partitur. Der Dirigent Yannick Nezet-Seguin begreift mit dem vorzüglich disponierten…

Von: ALEXANDER WALTHER

AUFSTAND DER UNTERDRÜCKTEN -- "Farm der Tiere von George Orwell im Schauspielhaus Stuttgart

"Kein Tier in England ist frei!" So lautet das seltsame Motto von George Orwells "Farm der Tiere", die wie "1984" auch irgendwie eine seltsame Zukunftsvision ist. Die Tiere wie Hunde, Hühner, Schafe…

Von: ALEXANDER WALTHER

VERWIRRUNG BIS ZUM SCHLUSS -- "Es war einmal ein Mord" von Giovanni Gagliano im Theater Atelier Stuttgart

Eine geschickt verwobene und raffinierte Handlung präsentiert Vladislav Grakovski in seiner Inszenierung des Kriminalstücks "Es war einmal ein Mord" von Giovanni Gagliano. Spannung, Humor und…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑