Dieser turbulente Liebes- und Verwechslungsreigen bildet die Rahmenhandlung einer von Shakespeares sowohl bekanntesten als auch
beliebtesten Komödien. In Illyrien, dem Land, in dem nichts so ist, wie es scheint, entgleitet der Herrschaft, die sich nur noch mit ihrem Liebesleid beschäftigt, die Kontrolle. Die Dienerschaft nimmt die Gelegenheit beim Schopfe und inszeniert ein zugleich schreiend komisches sowie bitterböses Doppelspiel rund um den kleinlichen und beim Personal verschrienen Haushofmeister der Gräfin. Malvolio, in völliger Selbstverblendung von einem besseren Leben in der High Society diese Intrige verkennend, fällt Spott und Hohn anheim.
Diese Vorstellung von WAS IHR WOLLT basiert auf einer Auseinandersetzung mit dem Phänomen der eineiigen Zwillinge VIOLA und SEBASTIAN, die bei
Shakespeare den Ursprung der Verwechselungen bilden. In letzter Konsequenz lässt sich für den Zuschauer eine solche Situation auf der Bühne nur dadurch herstellen, in dem beide Figuren von ein und derselben Person verkörpert werden. Dieser Ansatz, dass ein Schauspieler sowohl VIOLA als auch SEBASTIAN darstellt, ist keineswegs neu und wurde schon mehrfach, wie jüngst in Stuttgart, zur Aufführung gebracht. Jedoch erscheint dort, wie in vielen anderen Inszenierungen auch, im letzten Bild - einem deus ex machina gleich - SEBASTIAN als Bühnenfigur aus dem Nichts und führt das Stück dann so zu einer textlich zwar vorgegebenen, dramaturgisch dann aber doch äußerst fragwürdigen Doppelhochzeit.
Eine solche Lösung ist höchst unbefriedigend, stellt eigentlich die gesamte Konzeption in Frage. Diese Inszenierung hingegen bleibt ihrem dramaturgischen Konzept treu und endet somit in einer ebenso stringenten wie traumhaften Hochzeit von den drei Figuren: OLIVIA, SEBASTIAN/VIOLA und ORSINO.
Einen weiteren Inszenierungsansatz bildet die Frage, warum Shakespeare der Figur MALVOLIO derart viele Szenen gewidmet hat, obwohl diese Figur für den Ablauf der Verwechslungskomödie absolut nicht notwendig ist? Vollständige Gewissheit werden wir darüber wohl nie erfahren. Bei genauerer Betrachtung offenbart sich aber zunächst eine adversative Äquivalenz. Während VIOLA vorgeben muss, was sie nicht ist, ist MALVOLIO jemand, der er nicht sein will. VIOLAS wie MALVOLIOS Dasein ist geprägt durch den Umstand, dass sie sich in einer Welt wiederfinden, die nicht ihren Erwartungen entspricht. VIOLA erwartet die Zuwendung ORSINOS, MALOVIO die Zuwendung OLIVIAS. Aus dieser Perspektive verweisen die Figuren VIOLA und MALVOLIO auf eine ähnliche Struktur und werfen im Zerrspiegel einen wechselseitigen Schatten aufeinander. Beiden Figuren zu eigen ist deren In-der- Welt-Sein durch Wille und Vorstellung begründet. Und steckt schließlich nicht auch im BildWort VIOLA ebenso MALVOLIO wie MALVOLIO sich in dem bekannten M.O.A.I. wiedererkennt? Ein Zusammenhang der beiden Figuren ist mehr als
Die aktuelle Aufführung von WAS IHR WOLLT versucht, die beiden beschriebenen Aspekte zusammenzuführen, um so eine andere, vielleicht neue Sicht auf das Stück zu bewirken. So besteht der Reiz an einer Klassiker-Adaption für gegenwärtiges Theater nicht allein in der Ästhetisierung des Klassikers, was im negativen Sinne einer zur Schau-Stellung gleich käme, sondern der eigentliche Reiz liegt im Funkenflug, der entsteht bei der Auslegung von gegenwärtigem Dasein im Klassiker selbst Spielstätte der sich kontrastierenden Handlungsstränge ist ein Zirkuszelt - als Ort der Illusion signifikant u.a für Akrobatik, Stelzenlauf und Trapezeinlagen, mit denen diese
Inszenierung von WAS IHR WOLLT, die im ZAK als Koproduktion von Strahler 11 mit theater24 zur Aufführung kommt, die traumhaften Aspekte des Stückes unterstreicht.
Regie/Dramaturgie/PR - Karsten Schönwald
Kostüme - Birgit Urbanus, Dejan Rodulovic
Maske - Suzana Schönwald
Licht - Vera Grimm
Orsino - Peter Scholz
Narr - Jörg Becker
Viola/Sebastian - Tessa Biermann
Sir Toby - Stefan Bolten
Sir Andrew - Michael Schulze
Maria - Sandra Nelles
Olivia - Susanne Königsmann
Malvolio - Ingo Schröer
Weitere Aufführungen: 7./ 28./ 29./30. Okt., jeweils um 19.30 Uhr
Spielort: ZAK
Zirkus- und Artistikzentrum Köln
An der Schanz 6
50735 Köln
Spieldauer: ca. 2 ½ Stunden, eine Pause
Einlass: ¼ Stunde vor Aufführungsbeginn
Kartenpreise: 16 Euro, 11 Euro ermäßigt
Kartenvorbestellung: Tel.: 0221 – 75 90 606
oder: info@theater24.net
Produktion: Strahler 11
in Kooperation mit theater24