Was haben Burka und Bondage gemeinsam? Zwei scheinbare Gegensätze? Der Titel der neuen Produktion von Helena Waldmann macht neugierig und setzt Überlegungen in Gang. Die aktuellen Debatten über das Tragen der Burka in westlichen, christlich geprägten Ländern, das Verbot der Burka in Belgien, die widersprüchlichen Haltungen selbst in islamischen Ländern. Ist das Tragen der Burka Ausdruck von Unterdrückung oder von individueller Freiheit? Und dagegen Bondage, die japanische Kunst des Fesselns, erotisch aufgeladen, dennoch eine Form der sexuellen Machtausübung? Helena Waldmann sieht aber auch in der Liebesbondage einen Schutz des Körpers, der ihn wie den Verletzten bei einer Bandage vom Rest der Welt abschirmt. Und so versucht sie in ihrem Stück die Paradoxien von Bindung und Abhängigkeit einerseits und Freiheit anderseits auszuloten.
Zu Beginn tritt Vania Rovisco in einer leuchtend roten Burka auf die Bühne, und als ihr Gegenpart Yui Kawaguchi in weißem Kimono. Ebenso traditionell wie die Kleidung sind die Bewegungsmuster. Ein kurzer Einblick genügt, um die exotischen Hintergründe anzudeuten, denn schon bald haben sie sich dieser Kleidung entledigt, um in einen Kampf zwischen Fesselung und Entfesselung einzutreten. Durch gemeinsames Knüpfen eines Knotens wird zunächst eine Verbindung hergestellt. Das gewonnene Vertrauen wird wieder zerstört, indem die eine die wie einen Flugdrachen schwebende Andere gnadenlos zu Boden knallen lässt. Mit Verachtung wird ihr ins Gesicht gespuckt. Im Schlussbild wird ihr Körper von der riesigen Stoffbahn des Flugdrachens umhüllt.
Waldmanns Stück "BurkaBondage" setzt zuviel Zeit auf die Einrichtung der Requisiten und wirkt so etwas langatmig und zerstückelt. Die gestalterischen Phasen kommen eindeutig zu kurz. Insgesamt wird sie ihrem hohen Anspruch nicht gerecht. So wirkte "BurkaBondage" wenig überzeugend und rief daher nur mäßigen Applaus hervor.
"BurkaBondage" bildet den Auftakt zu einer vom FFT Düsseldorf initiierten Reihe unter dem Titel "exposed - Grenzen der Schaulust". Darin soll die Dominanz des Spektakulären hinterfragt werden. Desweiteren soll die Erwartungshaltung des Zuschauers sowohl befriedigt als auch enttäuscht werden. Als Voraussetzung für Theaterarbeit ist das eine etwas merkwürdige Proklamation. Aber vielleicht lässt sich daher die enttäuschte Erwartungshaltung bei Helena Waldmanns Stück erklären.
Konzept, Regie, Choreografie: Helena Waldmann
Stückentwicklung, Dramaturgie: Dunja Funke; Bühne: Jochen Sauer; Lichtdesign: Andreas Fuchs; Kostüme: Mari Krautschick; Foto: Sebastian Bolesch
Von und mit: Yui Kawaguchi (Tanz), Vania Rovisco (Tanz), Acci Baba (black person und Videoanimation), Mohammad Reza Mortazavi (Komposition, Live-Musik)
Dauer: 60 Min.
Eine Veranstaltung des FFT in Kooperation mit dem tanzhaus nrw.
28. und 29. Mai 2010