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VON NIXEN UND SIRENEN -- Donaueschinger Musiktage 2025 DONAUESCHINGENVON NIXEN UND SIRENEN -- Donaueschinger Musiktage 2025 DONAUESCHINGENVON NIXEN UND SIRENEN --...

VON NIXEN UND SIRENEN -- Donaueschinger Musiktage 2025 DONAUESCHINGEN

Oktober 2025

"Voices Unbound" lautete das Motto der diesjährigen Donaueschinger Musiktage. Erhobene Stimmen, innere Stimmen, verborgene Stimmen oder intime Stimmen standen laut Festivalleiterin Lydia Rilling im Mittelpunkt des Geschehens.

 

Copyright: SWR/Ralf Brunner

Herausragend war in jedem Fall das Konzert im Mozart-Saal in den Donauhallen mit dem Klangforum Wien unter der inspirierenden Leitung von Vimbayi Kaziboni.  Francesca Verunelli erforscht in ihrem vielschichtigen Werk "La nuda voce" für Sopran und Ensemble den Moment, in dem aus den Vibrationen der Stimmbänder Gesang wird. Das Schlagzeug wird ebenfalls eruptiv eingesetzt. Johanna Vargas (Sopran) fesselte die Zuhörer mit ausdrucksstarken Kantilenen. "Die nackte Stimme" fordert das Publikum dabei in einem ungewöhnlichen Maß heraus! Man erkennt plötzlich, dass eine menschliche Stimme in den ungewöhnlichsten Kombinationen singt. Der postsowjetische Raum dominierte bei diesem Konzert. Anna Korsun betört den Zuhörer mit raffinierten Glissando-Effekten der Streicher, die musikalische Sphäre verschwindet in endloser Zeitlichkeit. Das erinnert an die "Irrfahrten des Odysseus" mit Sirenengesängen. Koka Nikoladze komponierte mit "Masterpiece" für Ensemble und synthetische Stimme ein Mini-Drama, in dem die KI-Stimme des japanischen Google Translate mit dem Ensemble in einen sarkastisch-witzigen Dialog eintritt. Alexander Khubeev lässt sich in seinem chromatisch reichen Stück ""Garmonbozia" für Ensemble von David Lynchs Konzept des "Garmonbozia" anregen. Der Kampf  zwischen Gut und Böse und die suggestive Erkundung des Traumas stehen im Mittelpunkt! 

Ein Höhepunkt dieses Festivals war ferner die Verleihung des Karl-Sczuka-Preises für Hörspiel als Radiokunst im Strawinsky-Saal der Donauhallen an die britische Klangkünstlerin Leona Jones für ihr Werk "apeiron". Außerdem erhielten Jorn Ebner für "Polyphonie an der Peripherie" den Karl-Sczuka-Förderpreis sowie DinahBird in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut das Karl-Sczuka-Recherchestipendium für ihre Arbeit "Surface Bruit". Meereswesen und Gottheiten spielen bei Leona Jones eine große Rolle. Sirenen und Nixen verbinden sich mit dem Wasser und der menschlichen Stimme in ungeheuren akustischen Momenten, elementare Klänge und Klangfarben erkunden immer wieder abstrakte Klangräume. "Polyphonie" von Jorn Ebner verwendet private Klangaufnahmen von Wilhelm Schmidt, einem Bürger des Berliner Ortsteils Britz, der Leiter des Museums Neukölln war. Geräusche, Gespräche und  Radiosendungen vermischen sich zu einem elementaren Klangkosmos mit Glockenklang und heimischem Gesang, der sich immer weiter auffächert. "Surface Bruit" der in Paris lebenden Künstlerin DinahBird erforscht das klangliche und skulpturale Potenzial von selbst hergestellten Schellackplatten. Die Platten bleiben hängen und loopen von selbst. Verschiedene Plattenspieler und ein Grammophon bilden ein Orchester! Die Preisverleihung erfolgte durch Wolfgang Gushurst (Hauptabteilungsleiter und Programmchef bei SWR Kultur) in Vertretung von Intendant Kai Gniffke. 

Das Abschlusskonzert mit dem SWR Symphonieorchester unter der kompetenten Leitung von Elena Schwarz spielte zunächst zum 75-jährigen Jubiläum des SWR Symphonieorchesters "Red Thread Mermaid" für Orchester von Mirela Ivicevic, das am meisten überzeugte. Eine Meerjungfrau schlägt hier mit ihrer Schwanzflosse durch das sich widersetzende Wasser. Das magische Wesen kämpft sich mit teilweise spätromantischen Klängen durch die Fluten. Man denkt manchmal sogar an Alexander von Zemlinskys "Seejungfrau". Harmonische Vielfalt triumphiert. Harfe, Glissandi und Streicher-Tremoli dominieren. Naomi Pinnock beschäft sich in ihrer Komposition ""I put lines down and wipe them away" für Orchester mit der Taktilität und Materialität des Schreibens und Zeichnens. Eine gestische Landschaft tritt plötzlich hervor. Es ist ein leises und spirituelles Stück. Laure M. Hiendl zitiert bei seinem Stück "The deepest continuity is paradoxically that which continually restarts and renews itself" für Orchester einige wenige Takte aus dem Intermezzo von Ralph Vaughan Williams' Siebter Symphonie. Das "Sampling" dieses Partiturfragments entgeht aber nicht der Gefahr der Monotonie, Bläser und Streicher scheinen in verschobenen Rhythmen und vielfältiger Ornamentik zu ertrinken. Hanna Hartman entwickelt bei ihrem komplexen Stück "Advanced Weather Information Processing System" für Orchester, Tonband und Elektronik eine Art "instrumentale Elektronik", wobei auch hier die Gerfahr des akustischen Leerlaufs nicht gebannt wird. 

Den Orchesterpreis des SWR Symphonieorchesters erhielt der französische Komponist Philippe Leroux für sein Werk "Paris, Banlieue". Pierre Boulez, der lange in Baden-Baden lebte, stand in diesem Jahr ebenfalls im Fokus des überaus verdienstvollen Festivals. So wurde der Film "Festkonzert zum 60. Geburtstag von Pierre Boulez" im Kommunalen Kino "guckloch" gezeigt, wo unter anderem seine grandiosen "Notations" für Orchester erklangen. Die Fülle dieses Programms weckt Hoffnungen in die Zukunft der Neuen Musik, die ja immer wieder gegen zahlreiche Widerstände zu kämpfen hat.   
 

 

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