Die moderne Zivilisation hat immer mehr Ballungszentren entstehen lassen mit unübersichtlichen Megacitys, in denen Menschen in überteuerten Wohnsilos hausen. Daneben gibt es aber auch Orte, die aufgegeben wurden, sei es aus wirtschaftlicher Not, sei es durch Natur-oder menschengemachte Katastrophen. Mit diesen verlassenen Orten, den Niemandsländern und Geisterstädten, beschäftigt sich Andrea Waierstall in ihrem jetzt im Tanzhaus NRW uraufgeführten Stück "A city seeking its bodies". Sie untersucht dabei das Verhältnis des Menschen zur Umwelt und Natur und stellt die Frage nach den Grenzen des Fortschritts.
Die Inszenierung beginnt mit der Aufzählung von Riesenstädten, während die Tänzer langsam über den Boden rollen. Auf der Videoleinwand im Hintergrund sieht man vom Schnee überpuderte Landschaften, eine leer stehende Retortensiedlung, Tschernobyl, Teile einer Jugendstilfassade, einen Wasserfall. Mal bilden die Tänzer am Boden eine Linie, sich dabei jedoch ineinander schmiegend. Die Stimme fragt danach, wie lange man ohne Wasser und Nahrung gehen kann. So erzählen die verlassenen Orte auch von Aufbruch und Flucht. Immer wieder bilden die Tänzer Haufen, wird Nähe gesucht.
Die life performte Musik von Hauschka unterstützt eindrucksvoll Waierstalls Choreografie. So entstand eine atmosphärisch dichte, fast poetische Reflexion, die Raum für eigene Assoziationen lässt und bei den Zuschauern viel Anklang fand. Zum Schluss erzeugt ein vor einem Ventilator kreisendes Mikrofon maschinenartige, stampfende Geräusche. Wer hätte das vom Wind gedacht!
Choreografie, Konzept: Alexandra Waierstall
Komposition, Piano: HAUSCHKA
Performance, Mitarbeit: Dani Brown, Evangelia Randou, Harry Koushos, Eldad Ben-Sasson, Damien Fournier, Renan Martins; Streichquartett: Converse Quartett / Laura Knapp (1. Violine), Jonas Rölleke Pinto Wahnon (2. Violine), Raphael Tietz (Viola), Frieder Ziemendorf (Cello), Solo Cello: Daniel Brandl, Klarinette: Pawel Kuterbach, Bassklarinette: Simone Weber, Percussion: Kai Angermann
Video: Marianna Christofides; Lichtdesign: Ansgar Kluge; Tontechnik: Michael Buchholz, Ansgar Kluge; Kostüme, Bühnenbild: Alexandra Waierstall, Horst Weierstall;
Septemnber 2015