In schonungslosen Nahaufnahmen erzählt Rolf Dieter Brinkmann aus der Perspektive des Mannes vom alltäglichen Leben: Von der Enge der Wohnung, dem Lärm der Umgebung, der eigenen Sexualität, dem Hin und Her zwischen verschiedenen Orten, von wenigen Freunden, verschiedenen Gefühlszuständen. Es ist ein subjektiver Bericht, das Protokoll einer Krise: Das Zusammenleben mit Frau und Kind empfindet der junge Mann immer stärker als Falle, Bedrohung für die eigene Entwicklung.
„Keiner weiß mehr“ erscheint 1968, es ist der erste Roman des damals 28-jährigen Kölner Schriftstellers. Mit diesem „trotzig hingeworfenen Brocken Prosa, eindringlich wie nur wenige Romane der Sechziger Jahre“ (Marcel Reich-Ranicki) gelingen Rolf Dieter Brinkmann sezierende, noch heute schockierende Einblicke in die innere Verfassung eines Verzweifelten. Der Roman ist auch eine scharfe Abrechnung mit Ort und Zeit, protestiert mit Wut und Besessenheit gegen den Mief und Muff der damaligen Bundesrepublik. Hier formuliert sich ein neuer Stil und Ton in der deutschen Nachkriegsliteratur. Er begründet Brinkmanns unauslöschlichen Ruhm und inspiriert bis heute andere Autoren, Künstler und Musiker.
Der junge Regisseur Stefan Nagel wird sich in einer Inszenierung mit Brinkmanns Text auseinandersetzen: „Es sind die Momente der Zärtlichkeit, des „es wieder miteinander Versuchens“, die mich an „Keiner weiß mehr“ besonders interessieren. Nicht das Ende und die Untiefen einer Beziehung bilden den Fokus meines Interesses. Vielmehr ist es der Kampf um eine Ehe, eine Beziehung – immer wieder zu merken, dass man vom anderen nicht loskommt und nicht loskommen will.“
Es spielen Jennifer Frank, Orlando Klaus und Christoph Luser
Regie: Stefan Nagel,
Bühne: Jens Kilian,
Kostüme: Sebastian Ellrich,
Video: Juliane Kremberg,
Musik: Julia Klomfass,
Dramaturgie: Lucie Ortmann
Weitere Vorstellungen am 22., 23., 29. und 30. Juni