Sie wollen sich von ihrem abwesenden Freund gebührend verabschieden – denn wenn jemand für immer gegangen ist, dann tut man nicht so, als wäre nichts passiert. Im Gegenteil. Man tut alles, was man schon längst hätte tun sollen.
Sie suchen nach Freiheit, nach Abenteuer, denn ein Morgen gibt es nicht. Die Urschweizer Jugend feiert
ihren Wunsch nach Wildnis abseits der bäuerlichen Postkarten-Idylle; und zwar mit Musik, Filmen und
Alkohol. Der letzte Sommer vor dem Ende der Jugend ist ein grosses Fest unter Freunden. Es ist ihre
Suche nach der unbegrenzten Freiheit: Sie zelten an stillgelegten Steinbrüchen und entzünden unter dem von Bergen eingekesselten Sternenhimmel ein Feuer. Von den felsigen Klippen der Axen-Bahnlinie
springen sie in den See, sie schleichen sich ins Tunnelportal und spüren den nachwirkenden Windsog des vorbeirasenden Intercity Richtung Gotthard. Doch was wenn die Sehnsucht unstillbar bleibt? Auch der Talkessel hat seine engen und dunklen Abgründe, welche die Stärke jeder Freundschaft absaugen bis nur das Nichts einer Narbe bleibt. Denn manchmal übersteigt jener jugendliche Weltschmerz seine süssen, harmlosen Konturen und als einziger Ausweg bleibt das totale Ende.
Martina Clavadetscher, Hausautorin des Luzerner Theaters der Spielzeit 2013/14, nahm das Thema Jugendsuizid zum Anlass und hat mit «My only friend, the end» ein Stück über Freundschaft und Erwachsenwerden geschrieben. Samuel Zumbühl, Ensemblemitglied des Schauspiels, inszeniert nach den äusserst erfolgreichen Jugendproduktionen «Superhero» und «Stiersaldvätterwee» in dieser Spielzeit die Produktion der Hausautorin im Theater Pavillon. Es werden sechs Jugendliche im Alter zwischen 17 und 21 Jahren aus Luzern und Umgebung auf der Bühne stehen.
«My Only Friend, The End» – Jim Morrisons psychedelische Abschieds-Hymne ist ein Abgesang an die
verlorene Kindheit und an eine verlogene Welt, die auch vor den alpinen Bergkämmen nicht Halt macht
und die in einer traurigen Gewissheit gipfeln kann: «And I will never look into your eyes again.» Plötzlich werden jene lyrische Zeilen Tatsache. Und alle, die diesen schmerzlichen Abschied überleben, verzweifeln an dieser erbarmungslosen «Freiheit» des anderen. Denn kein kindisches Spiel, kein trunkenes Abenteuer bringt das Vorher zurück – alles ist Nachher. Durch Suizid sterben jährlich rund 150 Menschen auf dem Schweizer Schienennetz, und gerade bei Jugendlichen ist diese Form des Selbstmordes am häufigsten verbreitet. Doch wer sind die wahren Opfer eines Jugendsuizides? Wer trägt die Schuld? Gibt es «Täter»? Und kann man einen Suizid gar «rächen»? Kann man Gerechtigkeit erzwingen, damit die verzweifelte Suche nach einem Grund endlich aufhört?
Isa Wiss, Sängerin und Musikerin, hat mit den Jugendlichen Musikalisches und Klangliches zur
Inszenierung erarbeitet. Sie experimentieren mit Stimmen und Geräuschen und erschaffen eine ganz
eigene Klangwelt, die sich an Schweizer Urklängen und Volksliedern orientiert.
Martina Clavadetscher ist in Zug geboren und in Brunnen aufgewachsen. Sie studierte Germanistik, Linguistik und Philosophie an der Universität Fribourg, deren Literaturpreis sie 2004 gewann. Ihr Stück «Drei Frauen» (Regie: Sophie Stierle) wurde 2006 am Luzerner Theater uraufgeführt. Seit 2008 verfasste sie als freie Autorin mehrere Theaterstücke, die im In- und Ausland uraufgeführt wurden; ausserdem ist sie Drehbuchautorin und Radio-Kolumnistin für SRF 1. 2012 war sie die Kulturförderpreisträgerin des Kantons Schwyz. Mit «Di chli Häx» erarbeitete sie in der Spielzeit 2012/13 eine Luzerner Mundartfassung. Gerade ist ihre Erzählung «Sammler» veröffentlicht worden, die sie auf der Leipziger Buchmesse vorstellen wird.
EXTRA: Enter-Theatervermittlung
Die Stückautorin Martina Clavadetscher und die Dramaturgie des Luzerner Theaters besuchen
Schulgruppen im Klassenzimmer und erzählen aus dem Entstehungsprozess des Theatertextes sowie aus der Probenarbeit mit den Jugendlichen der Produktion. Anmeldungen werden ab sofort beim Treffpunkt entgegengenommen. Das Theatervermittlungsangebot ist kostenlos.
Ein Projekt der Playstation in Koproduktion mit dem VorAlpentheater
In Zusammenarbeit mit dem Stück Labor Basel. Stück Labor Basel 2013/14. Neue Schweizer Dramatik.
«Stück Labor Basel» ist ein 2008 vom Theater Basel initiiertes Förderprogramm für Neue Schweizer Dramatik. Seit 2011 ermöglicht es jährlich drei ausgewählten Schweizer Autoren-persönlichkeiten, eine Saison lang an je einem renommierten Theater der deutschsprachigen Schweiz zu arbeiten. Sie entwickeln dort in engem Austausch mit den Theaterschaffenden je einen neuen Theatertext, der am Ende der Spielzeit uraufgeführt wird. «Stück Labor» koordiniert dabei die Anliegen der Projektpartner, sorgt für Vernetzung und Informationsaustausch und unterstützt die Schreibenden mit Workshops und Coaching. Im Rahmen der Hausautorenschaften können sowohl klassische Formen dramatischen Schreibens erprobt werden als auch ungewohnte Zugänge oder neue Wege der Textproduktion.
Stück Labor Basel ist eine Kooperation von Theater Basel, Luzerner Theater und Konzert Theater Bern. Mit der freundlichen Unterstützung von Pro Helvetia, Migros-Kulturprozent, Ernst Göhner Stiftung, Landis und Gyr Stiftung.
BESETZUNG
Colin Baltensweiler, Lena Brechbühl, Janine Bürkli, Nina Duss, Darja Kaufmann, Julia Skof
PRODUKTIONSTEAM
Samuel Zumbühl (Inszenierung), Martina Clavadetscher (Text), Viola Valsesia (Bühne), Isa Wiss (Musik), Carmen Bach und Ulf Frötzschner (Dramaturgie)
Alle Vorstellungen
14.3. | 16.3. | 20.3. | 21.3. | 22.3. | 27.3. | 28.3. | 4.6. | 5.6. | 6.6.2014, im Theater Pavillon Luzern