Vor Beginn der Proben gab es nur ein Thema, ein Grobkonzept und ein Bühnenbild – aber keinen Text. Probe für Probe erfanden Darsteller und Regisseur, Bühnenbildner und Dramaturgin die Geschichte und ihre Figuren. Anhand dieser Improvisationen schrieb der Autor im weiteren Verlauf den Text.
Bei Kredit überlässt Jan Neumann bewusst die Dialogszenen der Improvisation und Gestaltungsfreiheit der Spieler. Gerahmt werden diese lebendigen und unwiederholbaren Augenblicke von festgeschriebenen Erzähltexten. Aus diesem täglichen Balanceakt zwischen freiem Spiel und literarischer Vorgabe entsteht eine besondere schöpferische Spannung.
Im Zentrum dieses Abends im Kleinen Haus steht die Erinnerung an Hans, Vater von fünf Kindern, ein in jeder Hinsicht großzügiger Mensch. Seinen leichten, aber zu frühen Tod nehmen seine Kinder zum Anlass, ein schillerndes Panorama an denkwürdigen Geschichten aufzuspannen. Fünf Schauspieler spielen eine weit verzweigte Familie, ihre zahlreichen eigensinnigen, schrägen und ganz normalen Onkeln, Tanten, Cousinen und Enkelkinder – ein buntes Panoptikum von 60 Jahren. Verschiedene Familienfeiern, die das Leben von Hans und die Beziehungen der einzelnen Familienmitglieder untereinander spiegeln und prägen, sind die Stationen, anhand derer das Team von Regisseur und Autor Jan Neumann Begebenheiten rund um die Themen Geld, Gefühle und Tod erzählt.
Jan Neumann, Jahrgang 1975, ist ein begnadetes Multitalent. 1998 schloss er seine Schauspielausbildung an der Hochschule für Musik München / Bayerische Theaterakademie August Everding ab. Nach drei Jahren Engagement am Residenztheater München war er langjähriges Ensemblemitglied am schauspielfrankfurt, wo er in der Spielzeit 2004/05 bei seinem eigenen Stück Goldfischen und bei Herr Kolpert von David Gieselmann erstmals Regie führte. Seitdem ist er als Autor und Regisseur erfolgreich tätig. Liebesruh wurde 2005
am Thalia Theater in Hamburg uraufgeführt und in der Spielzeit 2006/07 von Jan Neumann persönlich am schauspielfrankfurt inszeniert. Presse und Publikum nahmen diese sensible Inszenierung gleichermaßen begeistert auf. Ähnlich der vom schauspielfrankfurt in Auftrag gegebenen Stückentwicklung Kredit erarbeitete er schon „Die Nacht dazwischen“ 2006 am Theater der Stadt Aalen und „Dunkelfeld“ im Frühjahr 2007 am Jaunais Rigas Teatris.
Regie: Jan Neumann; Bühne: Thomas Goerge; Kostüme: Nini von Selzam;
Dramaturgie: Sibylle Baschung; Darsteller: Nadja Dankers, Anna Grisebach,
Stefko Hanushevsky, Max Landgrebe, Daniel Stock