«Es war vielleicht gerade Zeit, diese Märchen festzuhalten, da diejenigen, die sie bewahren sollen, immer seltner werden.» So Jacob und Wilhelm, die Brüder Grimm in der Vorrede zur Erstausgabe der «Kinder- und Hausmärchen», die vor genau 200 Jahren erstmals erschienen. Dort heisst es weiter: «Was die Weise betrifft, in der wir hier gesammelt haben, so ist es uns zuerst auf Treue und Wahrheit angekommen. Wir haben nämlich aus eigenen Mitteln nichts hinzugesetzt, keinen Umstand und Zug der Sage selbst verschönert, sondern ihren Inhalt so wiedergegeben, wie wir ihn empfangen haben.»
Der Froschkönig, der ein Prinz ist; der böse Wolf, der die Geisslein frisst; die böse Stiefmutter, die Schneewittchen vergiften will; und die hohe Hecke, die Dornröschens Schloss umwuchert; die langen Haare, die Rapunzel zu ihrem Geliebten hinabfallen lässt; der tiefe Wald, in dem Hänsel und Gretel sich verirren – das sind Szenen, die fast jeder Mensch auf der ganzen Welt kennt. Und eine wahre Volksdichtung. Sowohl aus zahlreichen mündlichen Quellen geschöpft, als auch aus mittelalterlichen Versnovellen und Legenden, aus Schwank- und Anekdotenbüchern, aus Tierfabelsammlungen und Wunderzeichenbüchern. Und diese Märchen sind, wie die Brüder Grimm betonten, überall zu Hause, bei allen Völkern und in allen Ländern, also keineswegs als deutsche Märchensammlung zu begreifen. Die Brüder verglichen ihre Sammlung und deren Wirkung auf den Leser in Demut mit der Bibel. Und so ersetzte sie diese auch alsbald in vielen Haushalten als abendlicher Lesestoff, und das bis heute.
Ein Saal, eine Bühne. Eine Gesellschaft eigenwilliger, skurriler Gestalten: ein Königspaar und eine
Prinzessin, ein Frosch, ein Wolf und ein Jäger und die böse Stiefmutter; Schneewittchen und Rotkäppchen sowie Hans im Glück und der, den’s nicht gruselte ... Oder sind es einfach nur Hotelgäste, einzig auf der Suche nach Entspannung und ein wenig Erholung? Aber dann diese sieben Männer mit der riesigen Lanze! Ein Irrenhaus? Und warum bleiben zwei Stühle am Tisch immer frei!
Verena Rossbacher, die Hausautorin des Luzerner Theaters, sucht nach der Relevanz der «Kinder- und
Hausmärchen» der Brüder Grimm fürs Heute und fördert äusserst Überraschendes zu Tage.
Das isländische Produktionsteam Thorleifur Örn Arnarsson, Vytautas Narbutas, Filippía Elisdóttir und Símon Birgisson, dessen Inszenierung von Henrik Ibsens «Peer Gynt» 2011 das nachtkritik Theatertreffen gewann, kehrt mit der Uraufführung von «Grimm - Eine Hausmärchen-Expedition»
ans Luzerner Theater zurück.
IN ZUSAMMENARBEIT MIT DEM STÜCK LABOR BASEL UND DER ZÜRCHER HOCHSCHULE DER KÜNSTE
Thorleifur Örn Arnarsson (Inszenierung),
Vytautas Narbutas (Bühne),
Filippía Elisdóttir (Kostüme),
Símon Birgisson (Musik),
Gérard Cleven (Licht),
Ulf Frötzschner (Dramaturgie)
Judith Cuénod, Marie Gesien, Wiebke Kayser, Juliane Lang, Bettina Riebesel; Nicolas Batthyany,
Christian Baus, Jörg Dathe, Hans-Caspar Gattiker, Hajo Tuschy, Jürg Wisbach