Auch in Altenburg. Einige Schüler und Lehrer wollen eine neue Diktatur nicht hinnehmen und pflegen Kontakt nach West-Berlin. Sie verteilen Flugblätter und stören eine Radiosendung zu Ehren Stalins mit einem selbstgebauten Sender. 1950 wird die Gruppe zerschlagen. Einigen gelingt die Flucht. Die meisten werden von sowjetischen Militärtribunalen zu jahrelanger Lagerhaft, einige zum Tod durch Erschießen verurteilt.
Nach Recherchen und vielen Gesprächen mit Zeitzeugen hat Mona Becker im Auftrag von Theater&Philharmonie Thüringen ein Stück geschrieben, in dem sie dem Mut und der Motivation der jungen Widerstandskämpfer vom Friedrichgymnasium Altenburg nachgeht. Damit widmet sich das Theater erstmals einem Thema, das lange verschwiegen und geleugnet wurde, und fragt danach, wie das Geschehen heute beurteilt wird und was es für Auswirkungen hat.
„Ein Stück über Widerstand am Beispiel Altenburg“ heißt es im Untertitel. Es geht zwar auch um die Darstellung der historischen Ereignisse, um Jugendopposition in der SBZ und frühen DDR. Es geht aber vor allem um die Frage, was Menschen den Mut und die Entschlossenheit verleiht, sich in das politische Geschehen einzumischen und Mitbürger zum Nachdenken anzuregen, aufmerksam zu machen auf Missstände – all das im Wissen darum, dass sie deswegen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt werden können. Es geht auch darum, was wir heute daraus lernen können, was das mit uns heute zu tun hat (oder ob es das hat), und wie heute, mehr als 60 Jahre später, das Geschehen beurteilt wird. Zu diesen Fragen gehört auch ein Nachdenken darüber, wie wir uns heute diesem Geschehen nähern, ob wir es überhaupt beurteilen können und warum bis heute Sorge und wohl auch die Gefahr besteht, vorschnell einseitig positive oder negative Urteile zu fällen über die damals Handelnden.
Die Autorin Mona Becker
Mona Becker wurde 1986 in Mannheim geboren. Sie wuchs in Rheinland-Pfalz und ab 1999 im sich schnell wandelnden Osten von Berlin auf. 2006 ging sie nach England, um an der University of Essex Literatur und Theater zu studieren. Ihr Studium schloss sie 2010 mit einem Master of Arts (Theatre) ab. Es folgte ein Jahrespraktikum im Bereich Kinder- und Jugendtheater am Mainfranken Theater Würzburg. In der Spielzeit 2011/12 war Mona Becker als Schauspieldramaturgin am Mainfranken Theater engagiert, wo sie unter anderem die Uraufführung des Stückes „Les Funérailles du Désert“ (Regie: Bernhard Stengele) dramaturgisch betreute. Mona Becker lebt als freie Autorin in Leipzig.
Stücke:
„Nichts zu machen“, Minidrama, uraufgeführt im Rahmen der Inszenierung „Lauter Unmögliches“ (10 Uraufführungen), Theater Konradhaus, Koblenz, 7.9.2007 (Regie: Nora Hertlein)
„Fruit of the Womb“ (Lakeside Theatre, Colchester, 15.1.2009)
„Ayana Rabenschwester“ (mit Bernhard Stengele), Uraufführung: Mainfranken Theater Würzburg, 20.11.2011
„Der Fischer und seine Frau“ (mit Daniela Scheuren), Mainfranken Theater Würzburg, 22.01.2012
Olav Kröger (Musikalische Leitung)
Bernhard Stengele (Inszenierung)
Gesine Pitzer (Bühne, Kostüme)
Geeske Otten (Dramaturgie)
In den Rollen: Nora Undine Jahn, Vanessa Rose, Mechthild Scrobanita, Henning Bäcker, Bruno Beeke, Manuel Kressin, Ulrich Milde, Peter Prautsch, Philipp Reinheimer.
Die Band (Kontrabass, Schlagzeug, Klarinette/Sax) spielt unter der Leitung von Schauspielkapellmeister Olav Kröger (Klavier). Außerdem sind Tänzerinnen und Tänzer der Tanzschule Schaller an der Produktion beteiligt. Dramaturgin ist Geeske Otten.
Für weitere Informationen und Anregungen zum Thema sorgen ein Rahmenprogramm mit Ausstellungen, Vorträgen, Podiumsdiskussion und Einführungen zum Stück sowie eine Buchpublikation über das Stück und seine Hintergründe.
Theaterfrühstück:
24. Februar 2013, 11.00 Uhr, Landestheater Altenburg, Heizhaus
Mit der Autorin Mona Becker, den Zeitzeugen Gerhard Schmale und Jörn-Ulrich Brödel sowie dem Regieteam
1. März 2013, 9.50 Uhr
Informationsveranstaltung am Friedrichgymnasium Altenburg für Schüler der 11. und 12. Klassen mit Dr. des. Enrico Heitzer, Historiker, den Zeitzeugen Gerhard Schmale und Jörn-Ulrich Brödel sowie der Dramaturgin Geeske Otten
Tagung 9. März 2013, 10-17 Uhr
Aula des Friedrichgymnasiums Altenburg, Geraer Straße
Teil 1: „Jugend und Opposition in der SBZ und frühen DDR“
Grußwort: apl. Prof. Dr. Rainer Eckert, Direktor des Zeitgeschichtlichen Forums Leipzig (angefragt)
Dr. Ehrhart Neubert, Erfurt: Überblicksvortrag über Widerstand in der frühen DDR
Dr. des. Enrico Heitzer, Wiss. Mitarbeiter Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen: Die Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit und ihre Verbindung zu Widerstandsgruppen; Widerstand in Altenburg
Frau Dr. Maria Schulz, Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Gedenk- und Begegnungsstätte Leistikowstraße, Potsdam: Die Meuselwitzer
Dr. Patrick von zur Mühlen, Bonn, ehemals Friedrich-Ebert-Stiftung: Der Eisenberger Kreis
Teil 2: Historische und theatrale Wirklichkeit – Grenzen und Möglichkeiten von Geschichtsdarstellung durch das Theater
Dr. Ines Reich, Potsdam: Vorstellung eines theaterpädagogischen Projektes und einer Dramatisierung durch Schüler
Hans-Werner Kroesinger, Regisseur, Berlin: Dokumentartheater (angefragt)
Podiumsdiskussion: „‘… und der Zukunft zugewandt …‘: Welche Bedeutung hat die Aufarbeitung der DDR-Geschichte heute und wie kann sie aussehen?“ mit Kroesinger, Heitzer, Rainer Eckert, Moderation aus Berlin (angefragt)
Ab 15.30 Uhr mit Publikumsfragen und -anmerkungen
Angebote der Theaterpädagogik (für Jugendliche ab 16 Jahren)
I. Bereitstellung von Informationsmaterialien für Lehrer und Schüler
II. Einführungen und/oder Nachgespräche mit der Schauspieldramaturgin Geeske Otten und Beteiligten der Inszenierung
III. Workshop Quellenstudium anhand von Stasi-Unterlagen mit Dr. Wanitschke, Mitarbeiter der Behörde der Thüringer Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR
IV. „Geschichte(n) erzählen – Szenisches Schreiben und dokumentarisches Arbeiten“ – Mehrteiliger Workshop mit der Autorin Mona Becker zum kreativen Schreiben:
Wie stelle ich Interviewfragen? Welche Fragen können Menschen gut beantworten? Wie mache ich aus einem Interview ein Theaterstück oder eine Szene?
Weitere Vorstellungstermine: 7. März 10 Uhr, 8. März 19.30 Uhr, 9. April 18 Uhr, 8. Mai 19.30 Uhr, 26. Mai 14.30 Uhr