Der eilends zur Abhilfe einbestellte Kuhhirte Hias bestätigt die ihm zugeschriebenen hellseherischen Fähigkeiten, indem er zur Stelle ist, bevor überhaupt nach ihm gerufen wurde. Angetrieben von seinen düsteren Prophezeiungen einerseits und vom tyrannischen Glashüttenherrn Goldfinger andererseits, gerät das ganze Dorf in Aufruhr und ist bald bereit, dem Reichtum den Seelenfrieden zu opfern.
«Herz aus Glas», 1976 von Werner Herzog verfilmt, vereint ein dörfliches Gesellschaftsporträt mit einer zivilisatorischen Großansicht im Geist der sich damals organisierenden Umweltbewegungen: Achternbusch erzählt von der Industrialisierung als einer Menschheitsepoche, die letztendlich von Egoismus angetrieben wird und ihre fadenscheinige Rechnung ohne die gewaltigen Kräfte der Natur gemacht hat – eine Sichtweise, die aktuelle Prognosen nur unterstreichen. Die Regisseurin Elsa-Sophie Jach adaptiert Achternbuschs Drehbuch für die Bühne und gibt damit ihr Debüt in München
Zum Autor Herbert Achternbusch
Geboren am 23. November 1938 in München, wuchs er bei seiner Großmutter in Mietraching im Bayerischen Wald auf. Er studierte an der Kunstakademie in Nürnberg und München, fertigte Plastiken, malte und schrieb Gedichte, die er 1964 erstmals veröffentlichte. Sein Erstlingsroman «Die Alexanderschlacht» (1971) wurde als bahnbrechend für die Avantgarde der jungen deutschen Literatur in den 1970er und 1980er-Jahren aufgenommen. 1977 wurde ihm der Petrarca-Preis verliehen, als Protestaktion verbrannte er jedoch bei der Preisverleihung den Scheck mit dem Preisgeld. Anfang der 1970er-Jahre lernte Achternbusch die Filmemacher Werner Herzog, Volker Schlöndorff und Margarethe von Trotta kennen, die ihn in seiner Arbeit bestärkten. Er spielte Rollen in Werner Herzogs Kinofilm «Jeder für sich und Gott gegen alle» (1974) und Volker Schlöndorffs Fernsehfilm «Übernachtung in Tirol» (1974). Mit «Das Andechser Gefühl» erschien 1974 sein erster Kinofilm als Regisseur. Danach verfasste Achternbusch das Drehbuch zu «Herz aus Glas», das 1976 von Werner Herzog verfilmt wurde, mit Josef Bierbichler in der Rolle des Hias. 1978 wurde sein erstes Theaterstück «Ella» am Staatstheater Stuttgart uraufgeführt, es folgten u. a. «Gust» (UA 1979, Comédie de Caen, ausgezeichnet mit dem Mülheimer Dramatikerpreis) und «Susn» (UA 1980, Schauspielhaus Bochum).
Herbert Achternbusch gilt als bedeutender Vertreter des deutschen Autorenfilms der 1970er-Jahre und bricht mit seinen Filmen bewusst gesellschaftliche Tabus. 1982 löste sein Film «Das Gespenst» nach Blasphemie-Vorwürfen einen Skandal aus. Die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) entschied, den Film nicht freizugeben, nach kurzer Zeit revidierte sie ihre Entscheidung, es kam jedoch zu Protestaktionen in den Kinos. Achternbusch hat über 30 Filme gedreht, an die 50 Bücher und 20 Theaterstücke geschrieben. 2002 erschien sein bisher letzter Film «Das Klatschen der einen Hand». Er trat aber weiterhin als Autor von Lyrik und Prosa in Erscheinung, schrieb Kinderbücher und für die Süddeutsche Zeitung Film- und Theaterkritiken. Mit der Ausstellung «Das Ich ist ein wildes Tier» wurde er 2007/2008 in der Münchner Monacensia für sein Lebenswerk geehrt.
Inszenierung Elsa-Sophie Jach
Komposition und Musikalische Leitung Max Kühn
Bühne Marlene Lockemann
Kostüme Johanna Stenzel
Licht Martin Feichtner
Dramaturgie Stefanie Hackl