
Die Explosion eines Pershing-II-Raketenmotors in unmittelbarer Nähe der auf der Waldheide gelagerten Atomsprengköpfe hatte nicht nur die Heilbronner aufgeschreckt. Tausende Menschen demonstrierten am 2. Februar 1985 mit einem Schweigemarsch von Heilbronn zur Waldheide gegen die Raketenstationierung und ab dem 8. Februar begann eine unbefristete Blockade des Pershing-Standorts. Plötzlich war auch dem Letzten klar, wie schnell es in unmittelbarer Nähe der Stadt zu einer Katastrophe kommen konnte. Knapp zwei Wochen nach dem Unglück, fasste der Heilbronner Gemeinderat, der sich zuvor jahrelang mit dem »Raketenstandort Waldheide« nicht befassen durfte, den einstimmigen Beschluss zu dessen Beseitigung. In der Folge demonstrierte nun die Heilbronner Bürgerschaft gemeinsam mit lokalen und überregionalen Friedensaktivisten sowie prominenten Vertretern der Friedensbewegung gegen die unmittelbaren Auswirkungen des NATO-Doppelbeschlusses. Die Proteste nahmen für die Verantwortlichen in der Politik derart beunruhigende Formen an, dass der damalige Verteidigungsminister Manfred Wörner am 25. April 1985 nach Heilbronn kam, um die Bevölkerung zu beruhigen — ohne Erfolg. Die Proteste endeten letztendlich erst mit der Unterzeichnung des INF-Vertrags im Jahre 1987.
Was ist seither nicht alles geschehen? Zwei Jahre nach dem Unglück sicherten sich die Großmächte im INF-Vertrag wechselseitig ihre Abrüstungsbemühungen zu, knapp fünf Jahre später fiel die Berliner Mauer. Das Ende des Kalten Krieges war absehbar und manifestierte sich endgültig mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahre 1993. Auf einmal schien — zumindest für kurze Zeit — eine Welt denkbar, die nicht in bipolaren Machtverhältnissen aufging, eine offene, befriedete Welt, in der diplomatische Beziehungen und gegenseitiges Vertrauen das Wettrüsten zwischen den Großmächten abgelöst hatten. Eine Utopie, der nur kurze Dauer beschieden war.
Das Gedenken an den Tag des Pershing-Unfalls auf der Heilbronner Waldheide nehmen dura & kroesinger zum Ausgangspunkt für ihr Recherche-Projekt. Wie kam es zur Stationierung der Pershing-II-Raketen in Heilbronn im Rahmen des NATO-Doppelbeschlusses? Was wusste die Stadtpolitik darüber und warum wurde die Bevölkerung nicht über den Raketenstandort informiert? Welche Bedeutung hatten die Raketenstationierung und das Waldheide-Unglück für Heilbronn? Und welche Spuren haben der Unfall und seine Folgen in der Heilbronner Zivilgesellschaft hinterlassen? Das dokumentarische Theaterprojekt befragt Vorgeschichte und Auswirkungen dieses einschneidenden Ereignisses der Heilbronner Stadtgeschichte — immer mit Blick auf unsere Gegenwart. So entsteht ein Theaterstück spezifisch für die Stadt Heilbronn, das die lokalen Verhältnisse mit der bundesdeutschen Wirklichkeit damals wie heute in Beziehung setzt.
In Kooperation mit dem Heilbronner Stadtarchiv
Regie & Konzept Regine Dura / Hans-Werner Kroesinger
Text Regine Dura
Ausstattung Jessica Rockstroh
Musik Jonas Marc Anton Wehner
Licht Johannes Buchholz
Dramaturgie Dr. Mirjam Meuser
Theaterpädagogik Natascha Mundt
MIT
Pablo Guaneme Pinilla
Lisanne Hirzel
Gabriel Kemmether
Juliane Schwabe
Sven-Marcel Voss
Di 03.06.2025 20:00 Uhr
Sa 14.06.2025 20:00 Uhr
Sa 28.06.2025 20:00 Uhr
Mi 02.07.2025 20:00 Uhr
Sa 05.07.2025 20:00 Uhr
Do 17.07.2025 20:00 U