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Uraufführung: "1-2-3 ... Ein Walzertrauma", Ballett von Jörg Mannes, Niedersächsische Staatstheater Hannover Uraufführung: "1-2-3 ... Ein Walzertrauma", Ballett von Jörg Mannes,...Uraufführung: "1-2-3 ......

Uraufführung: "1-2-3 ... Ein Walzertrauma", Ballett von Jörg Mannes, Niedersächsische Staatstheater Hannover

Premiere | Sa 18.05.19 | 19:30 | Opernhaus

»Der Kongress tanzt«, lautet das abschätzige Urteil des Volkes über die europäischen Herrscher, die 1814 in Wien zusammengekommen sind. Anstatt zu verhandeln hält man dort Hof auf großartigen Empfängen, amüsiert sich bei glamourösen Festen. Und als Kontrapunkt zu den restaurativen Bestrebungen des Wiener Kongresses findet en passant auf dem Tanzparkett eine Revolution statt: Hier hält sich die internationale Gesellschaft im Arm, denn der gerade noch als derb und unmoralisch verschriene Walzer ist plötzlich a la mode. Franzosen, Österreicher, Russen und Preußen drehen sich gemeinsam im Dreivierteltakt, während auf dem diplomatischen Parkett der feste Standpunkt verteidigt und zäh um jedes Entgegenkommen gerungen wird.

Das Kommando »Alles Walzer!« klingt vielen auch 200 Jahre später noch wie eine Verheißung. Jede Saison werden allein in Wien mehr als 450 Bälle ausgerichtet. Menschen aus aller Welt strömen herbei, um wenigstens einmal ihren Walzertraum zu erleben. Tatsächlich findet jeder der etwa 500.000 Besucher etwas Passendes zwischen Jäger-, Rauchfangkehrer-, Zuckerbäcker- oder Vegan Ball und dem Ball der Sargfabrik. Und die Wiener selbst? Mittun oder ausreißen, hört man da.

Ballettdirektor Jörg Mannes hegt gemischte Gefühle. Im Leben des gebürtigen Wieners war – zunächst als Eleve der Ballettschule und später als Tänzer an der Wiener Staatsoper – schon aus beruflichen Gründen viel Walzer. Und in jungen Jahren ließ er sich auch privat ganz gerne im Dreivierteltakt dahintreiben. Er hatte sogar einen Lieblingsball, den er ungern versäumte. Der Walzer ist Mannes dabei unversehens ins Blut übergegangen. Aber wohl gerade deshalb betrachtet er dessen Operettenhaftigkeit aus kritischer Distanz. Zum einen ist da der spezielle Rhythmus des Tanzes im Dreivierteltakt, der den Menschen in eine schnelle, unsymmetrische Bewegung zwingt und in eine unnatürliche Richtung treibt. Zum anderen die vielbesungene Walzerseligkeit mit ihrer realitätsfernen, übersteigerten Schönheit, die einer Zeit und einer Welt entstammt, die so nie existiert hat. Jörg Mannes liebt das glücklich Traumhafte der Tanzwalzer von Lanner und Strauß Vater und Sohn, aber vielleicht noch mehr die Brüche, das Schleppende, Melancholisch-Traurige, das er in den Walzern von Schubert, Chopin und Liszt, Sibelius, Ravel, Mahler oder Schostakowitsch findet.

Traum oder Albtraum? Hinter jedem Glanzbild sieht Jörg Mannes auch Falschheit und Vergänglichkeit. Schließlich sind es die Liebeslieder mit Trauerflor, die die innersten Gefühle des wahren Wieners ausmachen.

Choreographie    
Jörg Mannes
Bühne    
Thomas Rupert
Kostüme    
Rosa Ana Chanzá
Licht    
Sascha Zauner
Dramaturgie    
Brigitte Knöß
Besetzung

Ballett der Staatsoper Hannover

26.05.19    So     18:30    
06.06.19    Do     19:30    
08.06.19    Sa     19:30    
14.06.19    Fr     19:30    
20.06.19    Do     19:30    
23.06.19    So     16:00    
28.06.19    Fr     19:30

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