Um den Schnöseln ihre soziale Arroganz heimzuzahlen, belauscht Franz den Chefkritiker der Süddeutschen Zeitung und erfährt dabei, dass dieser einen heftigen Verriss schreiben wird. Beim Abendessen schwingt er sich dann zu einer großen Rede darüber auf, was für ein Reinfall diese Operninszenierung gewesen sei. Die standesbewusste Gesellschaft snobbt den als Banause erscheinenden Franz ab und seine Frau vergeht vor Scham. Doch als die Kritik erscheint, hat der Underdog einen kleinen Sieg davongetragen.
Klassenunterschiede und die mit ihnen einhergehenden sozialen Codes sind bestes Komödienmaterial, das wusste auch schon der französische Vielschreiber Eugène Labiche im 19. Jahrhundert. Eines seiner über 175 Lustspiele ist „La poudre aux yeux“, übersetzt „SAND IN DEN AUGEN“. Es handelt von zwei kleinbürgerlichen Ehepaaren, die sich hinsichtlich ihres Standes im übertragenen Sinne Sand in die Augen streuen. Ihre Kinder haben sich ineinander verliebt und nun spielen die Eltern einander aus Sozialscham Großbürgerlichkeit vor: Sie leben über ihre Verhältnisse, reden hochgestochen und bestellen eine Unzahl getrüffelter Gerichte. Und – sie gehen in die Oper, immer wieder „Rigoletto“. FAKE IT, UNTIL YOU MAKE IT. Aber es klappt nicht, der Schwindel fliegt auf und zurück bleibt vor allem eine Menge Trüffel.
Der Regisseur Felix Rothenhäusler, der an den Kammerspielen bisher Reinhard Jirgls Science-Fiction- Sprachspielepos „Nichts von euch auf Erden“ und Ryan Trecartins Beschleunigungspartitur „The Re’Search“ inszeniert hat, knüpft mit „Trüffel Trüffel Trüffel“ an seine Studienarbeit „Die Affäre in der Rue de Lourcine“ an, ebenfalls von Eugène Labiche, die über acht Jahre lang das Publikum mit minimalen Mitteln zu maximalem Lachen bringen konnte, zuletzt am Theater Bremen, wo Felix Rothenhäusler seit 2012 Hausregisseur ist.
Die Neuübersetzung von „La poudre aux yeux“ übernimmt Tobias Haberkorn, nicht nur Übersetzer von „The Re’Search“, sondern auch von „Rückkehr nach Reims“, dem autobiografischen Essay des französischen Soziologen Didier Eribon, der das Klassenthema 2016 auf die politische Agenda zurückgebracht hat.
Aus dem Französischen von Tobias Haberkorn.
Musik: „Überbach“ Versionen von Pantha Du Prince komponiert aus Material von Johann Sebastian Bach von Hendrik Weber und Arash Safaian.
Mit Annette Paulmann, Caroline Geiger, Joscha Baltha, Marie Rosa Tietjen, Nils Kahnwald, Risto Kübar, Samouil Stoyanov, Wiebke Puls, Zeynep Bozbay
Inszenierung Felix Rothenhäusler
Bühne Jonas von Ostrowski
Kostüme Elke von Sivers
Licht Stephan Mariani
Musik Pantha du Prince
Choreografie Caroline Geiger
Dramaturgie Tarun Kade
2. Okt 17, 20:00 Uhr
4. Okt 17, 20:00 Uhr
8. Okt 17, 19:00 Uhr