Leistung und Erfolg bleiben plötzlich aus. In der Familie herrschen Lügen, Sprachlosigkeit, aber auch die große Liebe. Verzweifelt flüchtet er in Erinnerungs- und Phantasiewelten, denn seinem eigenen Scheitern kann er nicht ins Auge sehen. Als Willy schließlich entlassen wird, sieht er seine Existenz vollständig in Frage gestellt. Angst überfällt ihn, es drohen Prestigeverlust, der Ruin der Familie, die Verzweiflung, nicht einmal mehr Achtung für sich selbst aufbringen zu können. Loman sieht nur einen Ausweg: Selbstmord, als Autounfall geplant, um die Versicherungssumme für die Familie zu kassieren.
Arthur Millers Tod eines Handlungsreisenden, uraufgeführt 1949 in der Regie von Elia Kazan und vielfach ausgezeichnet, ist die Geschichte eines Identitätsverlustes und eine Gesellschaftstragödie: Loman wird zum Opfer des bedingungslosen amerikanischen Traums von Erfolg und Wohlstand. „The show must go on“.
ein Bild (ohne Rahmen, unfertig an den Rändern): Vorstadtstraße. Spätherbst. Rückansicht eines Mannes, der kurzbeinig läuft, schmalkrempiger Hut, kaum ein Hals, langer Mantel, zwei Koffer in der Hand, in Richtung einer Nebelwand (dahinter, darinnen – wer weiß das schon? – ein Wald vielleicht oder nochmehr Vorstadthäuser). Er denkt möglicherweise an die unterschiedlichen Türklingeln – er kennt sie alle, ja, auch die mit dem BIGBEN – da musst’ er immer lachen, denn so heißt sein Bruder: Ben, BIGBEN, Ben, Ben, Ben … – und dann sicher daran: welche Maske ist denn dein wirklich wahres Gesicht, oder sicher auch: verdammter Hochzeitstag, oderoderoder… YOU CAN BUY A DREAM OR TWO … oder im Nebel stehen die Kulissen für das Leben des Kurzbeinigen und er stößt sich den Kopf am Kühlschrankgeräusch. Aua! und er dreht sich um, in etwa so, als ob einem auf die Schulter getippt wird, aber diesmal ist wirklich keiner da. Keiner da. Wie der kleine Spalt, der sich manchmal öffnet wenn er herumgeht zwischen Klingel und Klingel, die Tür wird von einer Kette gehalten, und da ist ein Kindergesicht und er schaut nach unten … NA, KLEINER, IST DENN DEIN VATER DA … neuerlich geht so eine Tür immer mal wieder auf, und es ist wirklich niemand mehr in dem bisschen Spalt. Oh, das ist jetzt wirklich das Ende! Das ist der Tod, denkt er. Oder ich bin schon plemplem?! Koffer erstmal absetzen. Hut abnehmen, Schweißtuch, über den fast kahlen Schädel, falten, einstecken, mal wieder waschen das Ding. Und dann die rothaarige Frau, die nur die Naht an ihren Strümpfen trägt, die sich von dort um ihren Körper wickelt, klackklack macht der Pfennig unter den Absätzen, wer den Pfennig nicht ehrt … YOU CAN BUY A DREAM OR TWO … und ein Kuss, ja ein Kuss auf die alte Lippe des Kurzbeinigen. Den Nichtshändler, den Traumhändler, den Dienstleister, den Willy. Loman. Niedriger Mann. Kleiner Mann. Toter Mann.
Robert Borgmann
Deutsch von Katrin Janecke
Regie und Bühne: Robert Borgmann
Kostüme: Birigt Bungum
Musik: webermichelson
Video: Lianne van de Laar
Live-Musik: Sven Michelson, Philipp Weber
Dramaturgie: Jan Hein
Mit: Manolo Bertling, Susanne Böwe, Manuel Harder, Birgit Unterweger, Robert Kuchenbuch, Peter Kurth, Elmar Roloff
Mi., 18.05.2016
19:30 Uhr
So., 22.05.2016
18:00 Uhr
So., 29.05.2016
19:30 Uhr
Sa., 04.06.2016
19:30 Uhr
Fr., 10.06.2016
19:30 Uhr
Zum letzten Mal in dieser Spielzeit
Mo., 20.06.2016
19:30 Uhr
Schauspielhaus