Rhythmusbetont, repetitiv, das sind zwei Stilelemente der Musik der Gnawer, einer marokkanischen Volksgruppe, deren Ursprünge im südlichen Westafrika liegen. Ihre Musik vermag in Trance zu versetzen. In "En Alerte", das als deutsche Erstaufführung im Tanzhaus NRW zu sehen war, kombiniert Taoufiq Izeddiou gnawanische Langhalslaute mit rockigen Gitarrenriffs. Ebenso verbindet er in seinem Solo moderne europäische Tanzstilelemente mit traditionellen marokkanischen Tanzformen.
Izzediou ist alarmiert über die politischen Zustände der Welt, so deutet es der Titel an. Mit Hilfe seines Körpers versucht er im Tanz Antworten auf existentielle Fragen zu erlangen. Es ist der Körper, der ehrlich, wahrhaftig ist. Seine meditative Suche stellt er bildlich dar, indem er aus Kreide eine Kreisspirale bildet. Gegen die Verlorenheit und Unbehaustheit setzt er Menschlichkeit, sucht Wärme und Nähe, wenn er um "Hugs" (Umarmungen) bittet, die ihm aber vom überraschten Publikum kaum zuteilwerden.
Dass Tanz in Ektase versetzen kann, wird in einigen religiösen Gruppierungen, etwa dem Sufismus, als ein Weg, der zu Gott zu führen vermag, anerkannt. Auch Izeddiou setzt in "En Alerte" Poesie und Spiritualität als Mittel gegen eine unbarmherzige Welt. Appellativ wirbt er für einen Glauben jenseits einer bestimmten Religionszugehörigkeit, wenn zum Schluss vielsprachige Spruchbänder mit dem Wort "Gott" als Video über die Wand laufen.
Eine bewegender Auftritt, der einen Einblick in die nordafrikanische Tanzszene gewährt!
Choreografie, Tanz: Taoufiq Izeddiou
Live-Musik: Mathieu Gaborit aka Ayato, Maalem Stitou
Lichtdesign: Marc Lhommel
Tondesign: Eric Desjeux
Kostüme: Nourredine Amir
Video: Joachim Rümke
Produktion, Management: Nedjma Hadj Benchelabi. Eine Produktion von Anania Danses/Taoufiq Izeddiou, koproduziert von Charleroi Danses, Kunstenfestivaldesarts, Festival de Marseille und Steirischer Herbst. Gefördert durch Arab Fund for Arts and Culture/AFAC, NXTSTP avec le soutien du Programme Culture de l’Union européenne, unterstützt von KLAP Maison pour la danse Marseille, Alkantara Lissabon, Centre chorégraphique national de Franche-Comté à Belfort, Théâtre du Bois deL’Aune Aix-en-Provence, Centre chorégraphique national d’Orléans, Noorderzon Performing Arts Festival Groningen, Tanzquartier Wien und Institut Français Paris. Dank an die Botschaft Wallonie-Bruxelles in Rabat.
Oktober 2016