Am Vorabend der Französischen Revolution kämpfen Schiller und seine Zeit- und Altersgenossen gegen Despotismus, gesellschaftliche Disziplinierung, Vorurteile und Privilegien. 1968 rebellieren Hippies und Studenten gegen die Verstrickung der Elterngeneration in den Nationalsozialismus und greifen im Kampf für eine antikapitalistische, antiautoritäre Gesellschaft zu markigen Parolen („Sex, Drugs and Rock’n’Roll“), aber auch zu Gewalt und Terrorismus, wie die Geschichte der RAF beweist.
Anlässlich des 40. Geburtstags der 68er Bewegung fragt das Projekt „Sturm und Drang. Eine Revolution in 2 Teilen“ nach dem gesellschaftsverändernden Potential von Jugendbewegungen: In Friedrich Schillers Jugendstück „Die Räuber“ in der Regie von Bernhard Stengele und dem Songprojekt „Love Revolution“ unter Leitung von Katia Bouscarrut und Anne Simmering. Zur Premiere sind beide Stücke an einem Abend zu sehen!
Teil 1: Friedrich Schiller: Die Räuber
Premiere: 11. Oktober 2008 | 19:30 Uhr | Mainfranken Theater Würzburg | Großes Haus
Matinee: 5. Oktober 2008 | 11 Uhr | Mainfranken Theater Würzburg | Oberes Foyer
Regie: Bernhard Stengele
Bühne und Kostüme: Adrian Basilius
Musik: Katia Bouscarrut
Dramaturgie: Petra Paschinger
Karl ist der Held und Franz die Kanaille. Die beiden sind Brüder, Söhne eines schwachen Vaters, der seine Liebe ebenso klar wie ungerecht unter seinen Söhnen verteilt. Auch die von beiden geliebte Amalia erwidert nur Karls Liebe. Franz, aus Erfahrung zynischer Nihilist, greift zur Intrige gegen Vater und Bruder, um zu vernichten, was seinem persönlichen Erfolg im Weg steht. Karl, der durch Liebe verwöhnte Idealist, tritt die Welt mit Füßen, sobald diese ihm – dank der Intrige des Bruders – Verständnis und Liebe verweigert und wird Hauptmann einer Räuberbande. Anfangs erscheint dies ähnlich verlockend wie die Gründung einer Rockband: Karl Moor wird zum charismatischen Bandleader und ähnelt darin dem führenden RAF-Mitglied Andreas Baader, wie ihn der neue Film „Der Baader-Meinhof-Komplex“ von Uli Edel und Bernd Eichinger nach dem Buch von Stefan Aust dastellt.
Die Räuberbande teilt wiederum mit der RAF und anderen terroristischen Untergrundorganisationen die zunehmende Brutalisierung und Gewaltbereitschaft – auch innerhalb der eigenen Gruppierung.
Schiller setzt in seinen „Räubern“ diese zunehmende Radikalisierung, die Verstrickung der „Bestie Mensch“ (nach einem Buchtitel von Thomas Müller) in die Prinzipien aus Ursache und Wirkung, schonungslos in Szene. Die Würzburger Inszenierung setzt auf einen körperbetonten, direkten Zugang und entwickelt damit – nach Goldonis „Diener zweier Herren“ und Büchners „Dantons Tod“ - die neue historische Aufführungspraxis von Bernhard Stengele, die sich um eine historisch möglichst genaue Übertragung der Autorintention auf das gegenwärtige Theater bemüht, konsequent weiter.
Mit: Anke, Apppel, Brecklinghaus, DeNil, Moritz Oliveira, Reinheimer, Vogt, Zeies, Zoungrana
Teil 2: Love Revolution – Ein Songprojekt
Premiere: 11. Oktober 2008 | 23.00 Uhr | Mainfranken Theater Würzburg | Kammerspiele
Matinee: 5. Oktober 2008 | 11 Uhr | Mainfranken Theater Würzburg | Oberes Foyer
Regie: Anne Simmering
Bühne und Kostüme: Hella Bünte
Musik: Katia Bouscarrut
Dramaturgie: Petra Paschinger
1968 in der deutschen Provinz. Während in der Hauptstadt Berlin und auf der ganzen Welt die Studenten protestieren, dauert es etwas länger, bis die Neuerungen auch in der Provinz eintreffen. Familie Müller, die im Zentrum des Songprojekts „Love Revolution“ steht, zelebriert noch ganz im Geiste des Wirtschaftswunders das heile Familienleben. Erst als der schwarze Jimmy Lee auftaucht und mit Sex, Drugs und Rock’n’Roll den trüben Alltag zunehmend auflockert, halten Freiheit und freie Liebe auch bei Familie Müller Einzug.
In „Love Revolution“ erfährt der Geniekult des „Sturm und Drang“ seine Wiederbelebung durch die New Age-Bewegung der 68er, deren zentrale Eckpfeiler um Selbsterfahrung und Bewusstseinserweiterung, Individualität und Originalität kreisen. Das Kraftgenie des Sturm und Drang wird wiedergeboren in den Rebellion des modernen Rock- und Popbusiness. Die aus den USA importierte Rockmusik, ebenso wie der zu diesem neuen, rebellischen Lebensstil gehörende Drogenkonsum und die Absage an die klassischen Zweierbeziehungen sind Teil der „Love Revolution“ von 1968, die die Geburtsstunde der modernen Popkultur markiert.
Mit Udo Jürgens‘ “Ich war noch niemals in New York”, Katja Epsteins “Wunder gibt es immer wieder”, Lou Reeds „Walk on the wild side“ und The Whos „Talking about my generation“ singt Familie Müller vom weltbewegenden Lebensgefühl einer ganzen Generation.
Mit: Appel, Brendel, DeNil, Moritz, Reinheimer, Sjöström, Zoungrana