Die Französische Revolution macht aber vor Klostermauern nicht halt und verbietet den Nonnen die Ausübung ihrer Ordensregeln. Diese stellen sich dagegen und nehmen dafür den Märtyrertod in Kauf. Einzig Blanche flieht. Die Standhaftigkeit jedoch, mit welcher ihre Mitschwestern ihr Martyrium antreten, errettet Blanche von ihrer Angst. Furchtlos folgt sie ihnen aufs Schafott.
Das Libretto, voll emotional-psychologischer, aber auch historischer Brisanz, basiert auf Georges Bernanos gleichnamigem einzigen Bühnenstück. Dieses wiederum entstand nach Gertrud von Le Forts Novelle „Die Letzte am Schafott“ aus dem Jahr 1931.
Die Erzählung, geschrieben in der dunklen Zwischenkriegszeit, geht auf ein Schreckenskapitel der französischen Revolutionszeit zurück, ein Massaker an den Nonnen eines Karmeliterinnenklosters. Poulenc selbst suchte nach dem Schockerlebnis des Unfalltods seines Freundes verstärkt religiösen Trost. Dem Komponisten gelang die musikalische Formulierung des Stoffes über eine reine Glaubensoper hinaus.
Aus der Sicht der furchtsamen Nonne Blanche erzählt, scheut das Werk die direkte Schilderung nicht. Blanche verliert durch die Konfrontation mit dem natürlichen Sterben der alten Priorin und dem Mord an ihren Mitschwestern letztlich die Angst vor dem irdischen Tod, indem sich ihr Blick auf das ewige Leben richtet.
Im Umgang mit Orchester und Gesangsstimme grenzt sich Poulenc unter Berufung auf Monteverdi, Mozart, Verdi und Mussorgski von der musikalischen Avantgarde seiner Zeit ab. Der Trauermarsch „Salve regina“, mit dem die Nonnen singend zur Hinrichtung ans Schafott treten, sowie der Schockeffekt des niedersausenden Fallbeils gegen die lärmende Revolutionshymne „Ça ira“ lassen das Ende zum dramatischen Höhepunkt werden.
Die Oper stellt die Frage nach der moralischen Verantwortung des Menschen vor sich selbst mit einer Dringlichkeit, die unter die Haut geht. Poulencs Musik lässt niemanden unberührt, und der Schluss des Werkes gehört zu den grossartigsten der Opernliteratur.
1976 kam die Oper am Stadttheater Bern letztmals zur Premiere. Jetzt, nach 34 Jahren, steht sie wieder auf dem Spielplan; damals unter dem deutschen Titel „Die Letzte am Schafott“, jetzt in der französischen Originalfassung „Dialogues des Carmélites”. In seinem 1957 uraufgeführten Werk lässt der französische Komponist Francis Poulenc Revolution und Religion aufeinander treffen.
Musikalisch grenzt sich Poulenc von der Avantgarde seiner Zeit ab. Impressionistische Klangfarben und ein sprachnaher Vokalstil prägen sein Werk. Der Trauermarsch, mit dem die Nonnen singend ans Schafott treten, sowie das niedersausende Fallbeil sind der dramatische Höhepunkt der Oper.
Als Blanche ist die Sopranistin Rachel Harnisch zu hören, die musikalische Leitung liegt in den Händen von Stadttheater-Chefdirigent Srboljub Dinic, und Regie führt Bernd Mottl, der letzte Spielzeit in Bern „Die Fledermaus“ inszenierte.
Libretto vom Komponisten nach dem Drehbuch (1947) von Georges Bernanos, Raymond Bruckberger und Philippe Agostini in der Bearbeitung als Drama „Dialogues des Carmélites“ (1951) von Albert Béguin und Marcelle Tassencourt
Nach der Novelle „Die Letzte am Schafott“ (1931) von Gertrud von Le Fort
Auftragswerk der Scala in Mailand
Uraufführung 1957
In Originalsprache mit deutschen Übertiteln
Musikalische Leitung Srboljub Dinic
Inszenierung Bernd Mottl
Bühne Alain Rappaport
Kostüme Dagmar Fabisch
Chor Alexander Martin
Marquis de la Force Kristian Paul
Blanche, seine Tochter Rachel Harnisch, Hélène Le Corre
Der Chevalier, sein Sohn Fabrice Dalis
Madame de Croissy, Priorin Ursula Füri-Bernhard
Madame Lidoine, die neue Priorin Fabienne Jost
Mutter Maria, Subpriorin Claude Eichenberger
Schwester Constance, eine junge Novizin Hélène Le Corre, Anne-Florence Marbot
Mutter Johanna, Dechantin Qin Du
Schwester Mathilde Silvia Oelschläger
Beichtvater Andries Cloete
Erster Kommissar Tomi Kimmo Kuusisto
Zweiter Kommissar, Offizier, Kerkermeister Erwin Hurni
Thierry Rolf Scheider
Javelinot Ivaylo Ivanov
Chor und Extrachor des Stadttheaters Bern
Berner Symphonieorchester