Die Uraufführung 1889 in Berlin löste tumultartige Zustände im Publikum aus, weil man eine derart naturalistische Darstellung wie der der Bauernfamilie Krause bis dahin auf der Bühne nicht gesehen hatte. Auch heute noch wirkt Hauptmanns Schilderung provokant – dies nicht zuletzt, weil die Verrohung im Stück nicht etwa eine Folge bitterer Armut ist, sondern mit dem plötzlichen Wohlstand der Familie ihren Anfang genommen hat. Es sind hier nicht die Unterschichten, die verwahrlosen – sondern Menschen, die glänzende Geschäfte gemacht haben.
Der Journalist Alfred Loth besucht seinen alten Studienfreund, den Ingenieur Hoffmann, in der Provinz. Dieser hat in die Familie Krause hinein geheiratet, die steinreich geworden ist, weil in der Gegend große Kohlevorkommen entdeckt wurden. Doch herausgerissen aus seinem bisherigen Alltag, ist Bauer Krause zum Alkoholiker geworden, und seine zweite Frau tyrannisiert ihre Stieftöchter und das Personal, während sie Hummer und Champagner konsumiert. Der Schwiegersohn, Ingenieur Hoffmann, macht währenddessen glänzende Geschäfte und ist gar nicht begeistert, als Loth ihm erzählt, er plane eine Studie über die sozialen Verhältnisse in der kleinen Stadt. Alle versuchen, Loth das ganze Ausmaß der Verkommenheit zu verbergen. Helene, die zweite Tochter der Familie, sieht in Loth den Retter, der sie aus dem Elend erlösen könnte. Doch als der Hausarzt der Familie Loth über die wahren Verhältnisse aufklärt, zeigt auch der Idealist sein wahres Gesicht.
Ein „soziales Drama“ hat Gerhart Hauptmann sein erstes Stück „Vor Sonnenaufgang“ genannt. Volker Schmalöer, Oberspielleiter des Schauspiels am Staatstheater Kassel, hat es mit Bedacht für die Spielzeit 2007/08 ausgewählt, die unter dem Motto „Familie und andere Grausamkeiten“ steht.
In der Regie von Volker Schmalöer spielen u.a. Axel Holst (Alfred Loth), Therese Dörr (Helene), Hans-Werner Leupelt (Hoffmann), Christina Rubruck (Frau Krause), Andreas Beck (Dr. Schimmelpfennig) und Alfred Herms (Krause).
Weitere Termine im Januar: 22., 23. und 26.