
Nach »Rückkehr nach Reims« und »Im Herzen der Gewalt« widmet sich Thomas Ostermeier erneut den Kontrasten einer sich zusehends polarisierenden und verrohenden Gegenwart in Form der Adaption eines zeitgenössischen französischen Prosatextes. Der erste Teil von Virginie Despentes Trilogie um Vernon Subutex ist zugleich Parforce-Ritt durch die Themen unserer Zeit und faszinierendes Sozialpanorama. Ob glückloser Drehbuchautor, früherer Punk, jetzt »rechter Sack«, liberaler Moslem mit fundamentalistischer Tochter, feministischer Ex-Porno-Star, auf Cybermobbing spezialisierte Superschnüfflerin oder Banlieue-Macho – In schroffen Perspektivwechseln inszeniert Thomas Ostermeier Despentes‘ schillerndes Figurenpanorama verschiedener Generationen, sozialer Schichten, Geschlechtsidentitäten und politischer Orientierungen mit einem großen, diversen Ensemble und einer Live-Band. So findet sich der Kosmos der Rockmusik, der im Roman das
verbindende und prägende Element des Milieus ist, auch auf der Bühne wieder.
Bei Vernon Subutex läuft es bemerkenswert schlecht. Vormals Inhaber eines in ganz Paris bekannten Plattenladens, mit Kunden von der Rockszene bis in die hippe Bourgeoisie gesegnet und von weiblichen Groupies umschwärmt, verliert er im Zeitalter digitaler Tauschbörsen und Streamingdienste erst sein Geschäft. Dann, nachdem er das meiste online vertickt hat, steht er gänzlich ohne Einkommensquelle da. Mehr noch: ohne Existenzberechtigung. Dinosaurier der analogen Ära, vergräbt er sich über Jahre mit Sixpacks und Fernsehserien in seiner Wohnung, die er nur noch mit Hilfe seines ehemaligen Bandkollegen, des mittlerweile legendären Sängers Alex Bleach, bezahlen kann. Als der einen frühen Rockstar-Tod stirbt, bricht für Vernon der letzte wirtschaftliche Halt weg. Er landet auf der Straße und beginnt eine Couchsurfing-Odyssee bei alten Freund_innen und Weggefährt_innen und damit eine Reise zu den Abgründen einer zutiefst verunsicherten, von Spaltung, Ungleichheit und sozialer Verwahrlosung geprägten Gesellschaft – bis er sich schließlich wirklich als Clochard durch Paris schlagen muss.
Aus dem Französischen von Claudia Steinitz
In einer Fassung von Florian Borchmeyer, Bettina Ehrlich und Thomas Ostermeier
Vernon Subutex........................................................................... Joachim Meyerhoff
Emilie / Audrey / Gaëlle.............................................................Julia Schubert
Xavier Fardin................................................................................. Holger Bülow
Sylvie / Die Hyäne....................................................................... Stephanie Eidt
Laurent Dopalet........................................................................... Axel Wandtke
Pamela Kant.................................................................................. Ruth Rosenfeld
Daniel ............................................................................................. Henri Maximilian Jakobs
Kiko................................................................................................. Bastian Reiber
Marcia ............................................................................................ Mano Thiravong
Aïcha / Anaïs ................................................................................ Hêvîn Tekin
Patrice............................................................................................ Thomas Bading
Alexandre Bleach im Video....................................................... Blade AliMBaye
Musiker_innen .............................................................................. Henri Maximilian Jakobs, Ruth Rosenfeld,
......................................................................................................... Taylor Savvy, Thomas Witte
Regie .............................................................................................. Thomas Ostermeier
Bühne und Kostüme................................................................... Nina Wetzel
Video .............................................................................................. Sébastien Dupouey
Musik .............................................................................................. Nils Ostendorf
Dramaturgie .................................................................................. Bettina Ehrlich
Licht................................................................................................ Erich Schneider
Eine Koproduktion mit dem Kroatischen Nationaltheater Zagreb.
weitere Vorstellungen voraussichtlich von 9.-13.,15.-20. Juni und 25., 27.-29. August
Informationen zu den Hygiene- und Schutzmaßnahmen finden Sie unter: www.schaubuehne.de/de/seiten/corona-schutzkonzept.html