Kurz darauf wird die Gefangene zur Kaiserin und sinnt auf Rache für das Leid, das die Römer ihr und ihrer Familie angetan haben. Ausrotten will sie die Familie des Titus. Das Bestürzende an der Tragödie ist die Maßlosigkeit, der alle verfallen, die hier in Streit geraten. Die Ordnung, die früher Rom zusammengehalten hat, beginnt sich zu verflüchtigen. Botho Strauß erzählt die Geschichte von Mord und Vergeltung neu und rückt die Frage nach der Entstehung von Gewalt und dem Umgang mit ihr in den Mittelpunkt. Wie weit ist unser aufgeklärtes Zeitalter von der Barbarei entfernt? Wie dünn ist der Firnis der Zivilisation? Strauß überlagert die Handlung mit kommentierenden Szenen und konfrontiert dadurch unbarmherzig unsere mediengewohnte Wahrnehmung mit den Abgründen der Tragödie. So fügt sich Lavinia, Tochter des Titus – deren Schändung dem Stück den Titel gibt – keineswegs in ihre Rolle als passives Opfer. Und Titus selbst verspürt auch beim Töten noch die Sehnsucht nach Ordnung und Ruhe.
Inszenierung: Martin Schulze
Bühne: Frank-Tilmann Otto,
Kostüme: Fred Fenner,
Kampftraining: Robert Schnöll,
Dramaturgie: Michael Volk
Mit: Andrea Cleven, Therese Dörr, Christina Rubruck (a.G.), Jochen Drechsler, Hannes Fischer, Axel Holst, Sebastian Hülk, Aljoscha Langel, Nico Link, Uwe Rohbeck, Uwe Steinbruch, Josef Wolf