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Opernhaus Karlsruhe: "Werther" von Jules Massenet

Premiere A: Samstag, 21. April 2007, 19.30 Uhr

Premiere B: Freitag, 27. April 2007, 20.00 Uhr.

 

Goethes Romanfiguren gehen zum Teil auf reale Vorbilder zurück. Er schrieb sich in den „Leiden des jun-gen Werthers“, schockiert durch den Freitod des jungen Jerusalems, in dessen Lebensschicksal er Parallelen zu dem eigenen entdeckte, den Aufruhr seiner verstörenden Leidenschaften von der Seele.

 

Die Geschichte spielt im Jahr 1772, als Goethe in Wetzlar den Legationssekretär Johann Christian Kestner und dessen Braut Charlotte Buff kennen lernte und auch in flüchtige Bekanntschaft mit dem Justizassessor Karl Wilhelm Jerusalem trat. Für Kestner empfand Goethe Freundschaft, für Charlotte bald mehr. Am 30. Oktober 1772 erschoss sich nun Jerusalem aus unglücklicher Liebe zu Elisabeth Herd, der Frau des kurpfälzischen Legationssekretärs in Wetzlar; die Pistolen dazu hatte er sich zuvor von Kestner erbeten. Jerusalem hatte den Selbstmord in seinen philosophischen Schriften immer mit Vehemenz verteidigt. Erschreckt erkannte Goethe an dieser Tat die Tragweite solch leidenschaftlicher Verstrickungen, in die er selbst geraten war. Die Lektüre des Goetheschen „Werthers“, der zum Ereignis seiner Epoche wurde, faszinierte 1885 den französischen Komponisten Jules Massenet derart, dass er eine lyrische Oper danach komponierte. Bei Massenet bildet die verhängnisvolle Leidenschaft Werthers zu Charlotte, die – anders als bei Goethe – ihrer Mutter auf dem Sterbebett gelobt hatte, Albert zum Mann zu nehmen, den Kern des Geschehens. In der Oper wird Werther von dem kategorischen Imperativ dieses Gelübdes zu Boden geworfen; ihm bleibt nur noch Verzweiflung. Und auch Charlotte wird – wiederum anders als bei Goethe, der sie als eine „ge-sunde“ junge Frau, die ihren Mann liebt geschildert hat – ebenfalls Opfer ihrer nicht ausgelebten, ihrer „eingefrorenen“ Gefühle. Beide leben ein Leben aus „zweiter Hand“ und beide gehen daran zugrunde. Gezeigt wird eine unüberbrückbare Kluft zwischen romantischen Gefühlen und bürgerlicher Realität mit ihren star-ren Alltagszwängen. Massenets Musik dazu zeichnet sich durch sensible und psychologisch subtile Cha-rakterisierungskunst, durch sinnliche Klangreize und harmonisches Raffinement aus.

 

Musikalische Leitung: Daniel Carlberg | Regie: Robert Tannenbaum | Bühne: Christian Floeren | Kostüme: Ute Frühling | Kinderchor: Waltraud Kutz

 

Mit: Keith Ikaia-Purdy / Bernhard Berchtold / Ks. Klaus Schneider (Werther), Armin Kolarczyk / Ks. Edward Gauntt (Albert), Ks. Tero Hannula (Le Baili, der Amtmann), Andreas Heideker (Schmidt), Mika Kares (Johann), Michael Ber-ner (Brühlmann), Silvia Hablowetz (Charlotte, Tochter des Amtmanns), Ina Schlingensiepen / Natalia Melnik (Sophie, ihre Schwester)

Badische Staatskapelle, Kinderchor des Helmholtz-Gymnasiums

 

 

Weitere Vorstellungen: 12.5. und 8.6.2007

 

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