Eine gewichtige Ödipus-Oper indes gab es bis vor 70 Jahren nicht – bis der Rumäne George Ensecu nach fast 30jähriger Arbeit an der Partitur seinen Oedipe vollendete und damit einen Meilenstein der Operngeschichte setzte. Es ist unbegreiflich, warum diese Oper in den Spielplänen solch ein Schattendasein fristet. Dabei hatte Enescu es sich nicht gerade leicht gemacht. Denn seine Oper erzählt nicht nur von der Entlarvung des Helden als schuldlos-schuldigen Vatermörder und Liebhaber seiner Mutter, sondern schlägt den Bogen von Ödipus’ Geburt über seine Flucht aus Korinth, die Ermordung des Vaters, die Begegnung mit der Sphinx und das Tribunal in Theben bis hin zu Verbannung und Tod in Kolonos. Wie Enescu dies alles in Musik gebannt hat, ist schier überwältigend. Die Massenszenen, dramatischen Zuspitzungen und reflektierenden Monologe sind so zwingend komponiert, als hätte Enescu nie etwas anderes getan. Chor und Orchester entfalten einen sinnlichen Klang, in dem Spätromantik, Moderne und Volksmusik verblüffend selbstverständlich zusammenfinden. Die Titelpartie schließlich kann man getrost einen Gipfelpunkt des Bariton-Repertoires nennen. Enescus Ödipus – ein gewichtiges Stück der »Neuzeit« am Theater Bielefeld. Musikalische Leitung: Peter Kuhn Inszenierung: Nicholas Broadhurst Movement Director: Struan Leslie Bühne, Kostüme: Timo Dentler, Okarina Peter Choreinstudierung: Hagen Enke Einstudierung Kinderchor: Hartmut Sturm Dramaturgie: Dr. Uwe Sommer Mit Michael Bachtadze, Sonja Borowski-Tudor, Simeon Esper, Lisa Fornhammar, Monte Jaffe, Florian Mock, Lassi Partanen, Kaja Plessing, Gerda Maria Sanders, Meik Schwalm, Michael Tews, Alexander Vassiliev; Chor, Extra-Chor, Bielefelder Singschul‘; Bielefelder Philharmoniker