Als er unehrenhaft aus dem Militärdienst entlassen wird, verleumdet wegen seiner großen Milde und wegen Korruption angeklagt, versteckt sich Tellheim vor seiner Verlobten Minna von Barnhelm in einem herunter-gekommenen Hotel in Berlin.
Doch die selbstbewusste und mutige junge Frau wendet sich gegen die Konvention und reist ihm nach. „Mit einem Lieben Sie mich noch?“ stellt sie ihn zur Rede. Durch seinen Statusverlust fühlt er sich ihrer nicht mehr würdig: Unmöglich ist es für ihn, „sein ganzes Glück einem Frauenzimmer zu verdanken.“
Als Mann von Charakter gilt für ihn jetzt nicht mehr die Liebe, sondern das Prinzip. Aber Minna lässt sein übertriebenes Ehrgefühl nicht gelten und beginnt ein geschicktes Wort- und Verwirrspiel: Sie gibt Tellheim vermeintlich ihren Verlobungsring zurück – doch es ist sein eigener, den er beim Wirt verpfänden musste – und deutet an, dass sie seinetwegen enterbt worden sei.
Nun beginnt Tellheim seinerseits um sie zu werben. Minna bleibt kalt und hält ihm den Spiegel vor: Sein Mitleid mache jetzt ihrerseits eine Heirat unmöglich – und spätestens hier werden die tragischen Züge der Komödie sichtbar.
Lessings Minna von Barnhelm, uraufgeführt 1767 in Hamburg, ist eine spielerisch-lustvolle Auseinan-dersetzung mit starren gesellschaftlichen Mustern, männlicher Vernunft und moralischer Eitelkeit, die mit zweierlei Maß misst: Tellheim kann nicht nehmen, ohne zu geben – und ist hoffnungslos überfordert von seiner emanzipierten Verlobten. Der Sprachwitz des Autors, der in der Redegewandtheit der aufgeklärten Braut voll zur Geltung kommt, erhöht die Komik und die Ernsthaftigkeit des Stücks.
Zugleich ist es ein großartiges Plädoyer für menschliches Verhalten in kriegerischen Zeiten.
Inszenierung: Anja Panse
Ausstattung: Hannah Hamburger
Komposition: Sebastian Herzfeld
Dramaturgie: Thomas Blockhaus
Mit: Esther Keil, Denise Matthey; Adrian Linke, Michael Ophelders, Philipp Sommer, Ronny Tomiska, Christopher Wintgens, Bruno Winzen