Als Jenufas Gesicht durch einen Messerschnitt entstellt wird, flüchtet Steva. Die Küsterin, die im Dorf als
moralische Instanz und Vorbild gilt, ist von den starren Moralvorstellungen der Gesellschaft geprägt. Auf fatale Weise greift sie in Jenufas Leben ein: Weil sie nur das Beste für sie, und die Schande, mit unehelichem Kind und ohne Kindsvater dazustehen, von Jenufa abwenden will, ertränkt sie in ihrer Verzweiflung heimlich das Baby im Bach. Um Jenufas Ehre wiederherzustellen, bringt sie die junge Frau
außerdem dazu, Steva endgültig zu verlassen und stattdessen Laca zu heiraten. Als am Hochzeitstag das tote Kind gefunden wird, muss die Küsterin ihre grausame Tat gestehen.
Janáčeks dritte Oper basiert auf „Její pastorkyňa“ („Ihre Stieftochter“) von Gabriela Preissová, einem Drama, in dem die durch Bigotterie und Geldgier vergifteten menschlichen Beziehungen in einem mährischen Dorf ganz unsentimental geschildert werden und das ab 1890 mit großem Erfolg auf den tschechischen Bühnen gespielt wurde. Mit dem Thema Eifersucht hatte sich Janáček schon in seinem Orchesterstück „Žárlivost“ kompositorisch auseinandergesetzt.
In seiner Oper entwirft er eine detaillierte Millieustudie, in der die Menschen als Gefangene ihrer eigenen starren Wertvorstellungen gezeigt werden. Um die psychologischen Vorgänge der einzelnen Figuren darzustellen, benutzt er die Musik in vielfältiger Stilistik und in weit geschwungenen Melodiebögen. So wechseln sich tonale Motive, die der tschechischen Volksmusik entlehnt sind, mit chromatisch geprägten Elementen ab. Janáček, der sich lange mit der Erforschung und Erfassung
tschechischer Volksmusik beschäftigt hatte, interessierte sich zunehmend für das Analysieren von Sprachmelodien. Um das drastische, lebensnahe Geschehen musikalisch darzustellen, setzte er zum ersten Mal gesprochene Alltagssprache in Musik. „Er brauchte gar nichts in Verse setzen zu lassen, die Worte und Sätze sprechen offensichtlich mit der ihnen eigenen Musik, die mit der seinen völlig im Einklang ist“, berichtete Gabriela Preissová. Und der Komponist kommentierte seine Umsetzung: „Lebensnah sind die Motive eines jeden Wortes. So lebensnah, dass man sie fast sprechen könnte.“
Janáček erkannte, dass in den melodischen Motiven der Sprache der wahrhaftigste Ausdruck der Seele liegt. Darum benutzte er an der Stelle der gewöhnlichen Arien diese Sprachmelodien. Damit erreichte er den wahrhaftigen Ausdruck dort, wo das am bedeutungsvollsten war.
Jenufa entstand in einer Zeit, in der Janáček einen schweren persönlichen Schicksalsschlag erlitt: die todbringende Erkrankung seiner Tochter Olga, der die Oper gewidmet ist und die nach seinen Angaben „Modell für Jenufa“ gewesen sei. Der Uraufführung der Oper, die 1903 in Janáčeks Heimatstadt Brünn nach über zehnjähriger Kompositionszeit stattfand, folgte eine rasche Verbreitung und ist heute –
neben Smetanas „Verkaufter Braut“ – die erfolgreichste tschechische Oper und eines von Janáčeks am häufigsten aufgeführten Stücken.
Musikalische Leitung: Alexander Rumpf
Inszenierung und Bühnenbild: Bruno Klimek
Kostüme: Julia Scheeler und Salha Fraidl
Ausstattungsassistentinnen am TLT
Mit:
Großmutter Buryjovka …………. Christina Kubelka
Laca Klemen …………………… Vincent Wolfsteiner
Steva Buryja ……………………. Tilmann Unger / Ansgar Matthes
Kostelnicka Buryjovka ………… Hedwig Fassbender
Jenufa …………………………… Christiane Libor / Jennifer Maines
Altgesell …………………………. Sebastian Kroggel / Andreas Mattersberger
Dorfrichter ………………………. Andreas Mattersberger / Sebastian Kroggel
Frau ……………………………… Kristina Cosumano
Karolka …………………………... Renate Fankhauser
Schäferin ………………………... Anne Schuldt / Saiko Kawano
Barena …………………………... Susanne Langbein
Jano ……………………………... Sophie Mitterhuber
Stanislav Stambolov / Jerzy Kasprzak
Tiroler Symphonieorchester Innsbruck; Chor und Extrachor des TLT