Mit diesem Ballettabend erweist das Semperoper Ballett dem Komponisten Richard Strauss in dessen Jubiläumsjahr eine Reverenz. Eröffnet wird der Abend mit der choreografischen Uraufführung »Tanzsuite« von Alexei Ratmansky – ehemaliger Direktor des Bolschoi Ballett und international einer der derzeit gefragtesten Choreografen klassischer Tanzkunst. Das Semperoper Ballett ist die erste Company in Deutschland, die Alexei Ratmansky für eine Uraufführung gewinnen konnte. Musikalisch handelt es sich bei der »Tanzsuite« um eine Auswahl aus François Couperins »Pièces de clavencin«, Klavierstücke aus den Jahren 1713–1730; eine Folge von Tänzen, die Richard Strauss zusammenstellte und instrumentierte. Uraufgeführt 1923 in Wien, stellt dieses Ballett »Gesellschafts- und Theatertänze im Stile Ludwig XV. « dar, die als Divertissement angelegt sind. Die rokokohaften, feinen Miniaturen mit dem Hauch des französischen Hofes im 18. Jahrhundert, wurden durch Straussʼ Bearbeitung sehr subtil mit dem Esprit des 20. Jahrhundertsverbunden. Eine Art Übung aus dem Neobarock, welche melodienreich einen permanenten Fluss darstellt und wie geschaffen ist für den Tanz. Das Spiel mit Strukturen und Formen ist stets ein Merkmal von Ratmanskys choreografischer Sprache, die vom klassischen Ballettvokabular kommend die Transformation der Schritte, das Ausloten neuer Möglichkeiten und auch den Humor kennt – seine Kreationen sind aus der Musik heraus gefühlt und stets hochmusikalisch geführt.
Der belgische Choreograf Stijn Celis, der 2013 den Ballettklassiker »Romeo und Julia« für die Semperoper neu interpretierte und zuvor schon »Cinderella« für die Junge Szene choreografierte, präsentiert seine Sichtweise auf das Ballett »Josephs Legende« von Richard Strauss. Nach dem Libretto von Hugo von Hofmannsthal und Harry Graf Kessler schuf Richard Strauss ein Tongemälde, welches den Rausch, die Ekstase, die Beklemmung, die Hierarchie, die Lüsternheit, die Ängste und die Hoffnungen benennt, die allesamt in diesem Werk verhandelt werden: Basierend auf einem Teil der biblischen Josephsgeschichte begegnen wir dem Protagonisten als Sklave des Potiphar, der nach einem ausladenden Fest von dessen Frau sexuell bedrängt wird. Doch dabei wird sie von ihrem Mann überrascht, und um von sich abzulenken, gibt sie nun vor, sie selbst sei Opfer eines Übergriffes von Joseph. Dem harten Urteil entgeht dieser nur mit Hilfe einer höheren Macht. Mit »Josephs Legende« stellt sich der Choreograf der Herausforderung, dieses bildgewaltige Ballett nach seinem konzeptionellen Zugriff in eine neue Sprache zu übersetzen; ein Unterfangen, bei dem eine gewisse Wildheit erst einmal gezähmt werden will, wie Celis es beschreibt: »Diese Musik von Richard Strauss fühlt sich an, als sei ich eingesperrt in einen Käfig mit einem feuersprühenden Drachen.«
Hineingeboren wurde dieses Werk, uraufgeführt 1914 in Paris, in den Vorabend des Ersten Weltkriegs. Es fungiert in seiner Dekadenz als Symbol einer am Abgrund stehenden Gesellschaft, über die die Katastrophe hineinbrechen wird – bis zu diesem Untergang allerdings feiert man Feste und betäubt sich mit sinnlichen Genüssen.
Ballettabend von Alexei Ratmansky & Stijn Celis zur Musik von Richard Strauss
Choreografie: Alexei Ratmansky
Musik: Richard Strauss
Licht: Patrik Bogårdh
Kostüme: Yumiko Takeshima
Josephs Legende
Choreografie: Stijn Celis
Musik: Richard Strauss
Licht & Bühne: Jens Sethzman
Kostüme: Catherine Voeffray
Dramaturgie: Stefan Ulrich
Musikalische Leitung: Paul Connelly
Semperoper Ballett
Sächsische Staatskapelle Dresden
Weitere Aufführungen finden am 30. Juni, 5., 9. und 11. Juli sowie wieder am 8., 12., 14. und 17. November 2014 statt.
Der Ballettabend ist zudem Teil der »Richard-Strauss-Tage« vom 6. bis 23. November 2014.
Kostenlose Werkeinführung 45 Minuten vor Vorstellungsbeginn.