Schirmherrin der Festspiele ist in diesem Jahr die exilierte, russische Germanistin Irina Scherbakowa. Sie ist Mitbegründerin der vor zwei Jahren von Putin verbotenen und im selben Jahr mir dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Organisation Memorial, die sich dem Kampf für historische Wahrheit in Russland widmet. Die Ausstellung »Das andere Russland« im Bauhaus Museum Weimar (ab 21.08) widmet sich der Arbeit Memorials und wird als Wanderausstellung ihren Weg in die Republik nehmen. Nach der Vernissage wird die ukrainische Stardirigentin Oxana Lyniv im Rahmen des traditionellen Gedächtnis-Buchenwald-Konzert in der Herderkirche am Pult von Kyiv Symphony das Mozart-Requiem mit Chor und Solisten des DNT Weimar dirigieren. Die Gedächtnisrede hält der prominente Neuhistoriker Norbert Frei (am 21.08.). Danach wird die mixed-able Forward Dance Company aus Leipzig auf dem historischen Theaterplatz eine elektronische Übermalung von Orffs »Carmina Burana« vertanzen. Den Eröffnungstag schließt eine fulminante Uraufführung: Erstmals liefert Starautor Navid Kermani Texte für ein Theaterprojekt – »S wie Schädel« wird inszeniert von Theaterlegende Roberto Ciulli, mit 90 Jahren mittlerweile der älteste aktive Theaterkünstler in Deutschland. Gemeinsam mit Ausnahme-Schauspielerin Eva Mattes wird er an diesem Abend auch auf der Bühne stehen (21./22.08).
Viele der internationalen Festival-Gäste stammen aus Ländern, in denen die Demokratie aus unterschiedlichen Gründen bedroht ist. Herzstück des Programms sind sechs Koproduktionen und Gastspiele mit Tanz und Performance aus Taiwan – unter anderem des weltberühmten Cloud Gate Dance Theatre - ermöglicht durch eine massive Sonderförderung des taiwanesischen Kulturministeriums. Als Uraufführung im Rahmenprogramm der Verleihung der Goethe-Medaille zeigt das Kunstfest in Kooperation mit dem Goethe-Institut »VACA«, das neue Projekt des vielleicht bedeutendsten südamerikanischen Dramatikers und Regisseurs Guillermo Calderón aus Chile. In dieser bösen Medien- und Gesellschaftssatire steigern sich drei kreative Köpfe unversehens in rechtsradikales Gedankengut hinein (25./26.08). Just am Sonntag, den 25.08., nimmt auch Schorsch Kameruns musikalisch-partizipative Dialog-Performance »Bevor wir kippen« ihren Ausgang, die täglich (außer montags) bis zum Ende des Festivals auf dem Theaterplatz „überflüssige Ausdrucksformen“ zur Diskussion, Disposition und Abstimmung für das Publikum stellt. Damit verbunden ist ein musikalischer Abend als „Wahlerinnerungs-Gala“ mit Thüringens Hollywood-Star Sandra Hüller und Comedian René Marik am Vorabend der Landtagswahl am 31.08.
Die freie Berliner Opernkompanie Novoflot überschreibt als Uraufführung (31.08./01.09) in einem spektakulären Projekt Arnold Schönberg unter dem Titel »Der letzte Ermordete aus Warschau« – die Komposition stammt vom Enfant Terrible der Gegenwartsmusik, Michael Wertmüller, das Libretto hat Bestseller-Autor Max Czollek geschrieben, der auch Teil des großen Bühnenensembles ist. Aber das Kunstfest beschränkt sich auch dieses Jahr nicht auf Weimar: Mit einem umgebauten Bühnen-LKW spielt das Rumpel-Pumpel-Theater seine burleske Post-Volkstheater-Uraufführung »Das Hotel im Karussell« an insgesamt 16 Orten. Insbesondere auch in Kooperation mit dem Festival „Provinzschrei“ in Südthüringen - da wo die AfD Spitzenwerte erreichen könnte…
Alle Infos www.kunstfest-weimar.de/festival/programm