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Kulturstiftung des Bundes: Theaterprogramm Doppelpass mit 26 neuen Projekten

In ihrer fünften Sitzung hat die Jury des Fonds Doppelpass 26 neue Kooperationen von freien Gruppen und Theaterhäusern zur Förderung in einer Gesamthöhe von 6,15 Mio. Euro empfohlen.

Die Partnerschaften werden über einen Zeitraum von zwei Spielzeiten realisiert und mit jeweils bis zu 240.000 Euro für Produktionen und Gastspiele gefördert. Mit dem Fonds Doppelpass unterstützt die Kulturstiftung des Bundes bereits seit 2011 Kooperationen zwischen freien Gruppen und festen Tanz- und Theaterhäusern. Ziel des Fonds ist es, die freie Szene und Theaterinstitutionen zum Erproben neuer Formen der Zusammenarbeit und gastspielorientierter Produktionsweisen anzuregen. Das Programm wird stark nachgefragt und ist in den letzten Jahren ein wichtiger Impulsgeber für Innovationen in der Theaterlandschaft geworden.

 


Im Jahr 2017 hat die Kulturstiftung des Bundes das Programm bis 2021 verlängert und für größere Netzwerkpartnerschaften geöffnet: Zu den bisherigen Tandems aus freier Gruppe und Theaterhaus kommt ein weiteres Partnerhaus hinzu. Die einzelnen Produktionen werden zukünftig zwischen den Häusern ausgetauscht.

In der aktuellen Förderrunde gibt es ein breites Spektrum an Vorhaben aus allen Sparten und Partnerschaften unterschiedlicher Größenordnung, die sich etwas Neues zutrauen wollen. Bemerkenswert ist die häufig geäußerte Motivation, Projekte sowohl lokalspezifisch als auch tourfähig zu entwickeln.

Die Mitglieder der Doppelpass-Jury sind Remsi Al Khalisi (Chefdramaturg am E.T.A. Hoffmann Theater Bamberg), Thomas Frank (Leiter „Residenz“ des Schauspiel Leipzig), Karin Kirchhoff (freiberufliche Tanzkuratorin und Dozentin), Robert Koall (Chefdramaturg am Düsseldorfer Schauspielhaus) und Anne Peter (Journalistin).

Die 26 neuen Doppelpass-Kooperationen

Unter dem Titel „Gold“ realisiert das fringe ensemble mit dem Espace Culturel Gambidi (Burkina Faso) und dem Theater Bonn zwei Projekte über die Faszination und die Macht des Goldes. Das erste Stück beleuchtet die Bedeutung dieses Bodenschatzes für die Menschen, die in einem der ärmsten Länder dafür ihr Leben riskieren. Das zweite spiegelt das Thema in einer saturierten Gesellschaft. Im Austausch offenbaren die Stücke zwei Seiten einer Medaille und sind als Parabel zum Verhältnis von Erster und Dritter Welt lesbar.
   
In „Fight (for) Independence“ widmen sich die Costa Compagnie und die Staatstheater Oldenburg und Nürnberg lokal und global auftretenden Unabhängigkeitsbewegungen. Dafür begeben sie sich auf einen inhaltlich und biografisch verknüpften Recherche-Pfad: von Nürnbergs Reichsbürgern zum Brexit bis hin zu Südsudans „Independence“-Bewegung. Von Mosambiks FRELIMO zu den „National befreiten Zonen“ in Oldenburg. Die polyfonen Stimmen werden in drei spartenübergreifenden Performances an den Häusern, zwei Kunstvereinen und in der Virtuellen Realität umgesetzt.
   
Das Projekt „The Voice That You Are“ von der Company Christoph Winkler, der Oper Dortmund und dem WUK performing arts Wien (Österreich) ist eine performative Auseinandersetzung mit dem Begriff der Stimme. Dabei wird die dramatische Stimme des Musiktheaters in Beziehung zu Stimmen marginalisierter Gruppen der Gesellschaft gesetzt. Als Übersetzer fungiert dabei der tanzende bzw. performative Körper. Das interdisziplinäre Projekt vereinigt Elemente der Oper und des zeitgenössischen Tanzes mit Recherchestrategien dokumentarischer bzw. Bildender Kunst.
   
Wie wollen wir in Zukunft zusammenleben? Welche Werte sind uns wichtig? Entlang dieser Fragen wird Pandora Pop zusammen mit dem Kinder- und Jugendtheater des Stadttheaters Fürth sowie mit dem Theater an der Rott in Eggenfelden performativ forschen und eine Game-Theatre-Produktion und eine multimediale Theater-Installation zum Komplex „Stadt – Land – Flucht“ entwickeln.
   
In der spartenübergreifenden Partnerschaft „Körpertreffer – Body Shots“ untersuchen die CocoonDance Company, das Staatstheater Darmstadt und das Zagreb Dance Center (Kroatien) gemeinsam die Verbindungen von medialen und performativen Künsten. Dabei werden Tänzer/innen und Schauspieler/innen vergangene Schauspielinszenierungen und deren Rollen einer Re-Lektüre und einer physischen Reflexion unterziehen sowie mittels Übersetzungs- und Überschreibungsprozessen ihre eigenen Arbeitsweisen reflektieren und erweitern.
   
Das Performancekollektiv kgi, das Musiktheater im Revier und der Ringlokschuppen Ruhr schließen eine Kooperation unter dem Titel „Das Symptom der Oper“, um eine Re-Konstruktion der (Opern-)Geschichte zu entwerfen. Ziel ist ein egalitäres „Theater der kommenden Gemeinschaft“ und die Gründung eines Opern-Ensembles mit Menschen aus Gelsenkirchen und Mülheim, die auf unterschiedliche Weise Prekarität und gesellschaftlichen Ausschluss erfahren.
   
Unter dem Titel „Tap Transform“ wird die Sebastian Weber Dance Company zusammen mit dem Theater Koblenz und dem Leipziger LOFFT die Entwicklung einer neuen Tanzsprache aus Elementen von Stepptanz, zeitgenössischem Tanz und Musik vorantreiben. Geplant sind zwei Koproduktionen sowie Workshops, Studio-Showings und Kurzfilm-Produktionen.
   
Die Plattform Irreality.tv entwickelt mit dem Theater Augsburg und dem brut Wien (Österreich) drei Staffeln einer ortsspezifischen Webserie mit dem Titel „Exit Ghost“, für die die Mitspieler jeweils vor Ort gewonnen und an der Plot-Entwicklung beteiligt werden. In Augsburg wird es mit der Eröffnung einer neuen Spielstätte um das Verhältnis von Theater und Stadt gehen. In Wien werden die Gespenster von Vergangenheit und Zukunft gesucht. Die dritte Staffel entsteht als Geisterjäger-Roadmovie fortlaufend an verschiedenen Gastspielorten.
   
In der Partnerschaft zwischen suite42, dem Deutschen Schauspielhaus Hamburg und dem Zoukak Studio Theatre (Beirut/Libanon) werden in Workshops und zwei Stücken die postkoloniale Realität des Aufbruchs in muslimisch geprägten Ländern und die durch wirtschaftliche Hegemonie gesteigerte Verantwortung Europas in den Blick genommen.
   
„Irrsinn“ ist eine Kooperation zwischen Monster Truck, dem Schauspielhaus Bochum und dem NT Gent (Belgien) mit Texten von Peter Weiss (Marat/Sade) und Sebastian Brant (Das Narrenschiff). Es geht um Öffnung und Schließung von Institutionen und um die Zusammenarbeit zwischen Schauspielensembles und freien Performer/innen. Um Theatermacher/innen mit oder ohne psychische Krankheit bzw. Handicap. Um Narren, Revolutionäre, psychiatrische Anstalten, Schiffsreisen und Outsider Art.
   
Mit zwei recherchebasierten Projekten zum Thema „Versprechen“ entwickelt das Kanaltheater aus Eberswalde mit den Uckermärkischen Bühnen Schwedt und dem german stage service aus Marburg Modellformate für die Kleinstädte in Ost und West, für und mit den Menschen vor Ort.
   
Der Umgang mit dem Tod – „The End“ – ist inhaltlicher Schwerpunkt der Kooperation zwischen Prinzip Gonzo, dem Saarländischen Staatstheater Saarbrücken und dem Théâtre de la Manufacture (Nancy/Frankreich), um Sandbox-Game-Theaterformate tourfähig und mehrsprachig weiterzuentwickeln.
   
Das Projekt „Was ihr wollt“ von FUX, dem Theater Oberhausen und dem Schauspielhaus Wien (Österreich) beschäftigt sich inhaltlich, ästhetisch sowie institutionell mit Formen und Möglichkeiten gesellschaftlicher Teilhabe.
   
In dem Recherchetheaterprojekt „Blühende Randschaften“ machen sich Lunatiks, das Theater Brandenburg und das Schlossplatztheater Berlin auf die Suche nach verschwundenen Industrien bzw. Ideologien und entwickeln mittels eines „Writers Room“ drei seriell gekoppelte Stücke in peripherer Umgebung.
   
In „Queere Kreuzzüge“ verbinden sich unterschiedliche Theaterstrukturen der Tanzcompagnie Queerpraxis um Josep Caballero Garcia, dem Theater Lüneburg und Kampnagel Hamburg, um in Bewegungsworkshops und zwei interdisziplinären Inszenierungen den Blick für das „Anderssein“ zu schärfen und für hybride Identitäten zu sensibilisieren.
   
Unter dem Titel „Endless Pleasures“ loten die Marc Sinan Company, das Puppentheater Halle und die whiteBOX München gemeinsam mit dem Ensemble ConTempo Beijing (China) neue Wege zum zeitgenössischen Musiktheater aus. Zentrale Ausgangspunkte für diese interdisziplinäre Kooperation sind europäische und chinesische Mythen und Musiktheatertraditionen.  
   
Mit „Nana und der Pro Sex Feminismus“ setzen sich das La Fleur, das Theater Bremen und das MC93 (Paris/Frankreich) mit Strukturen des Begehrens auseinander. Workshops und Konferenzen begleiten zwei Stückentwicklungen anhand von Texten von Émile Zola und Virginie Despentes, in denen eine getanzte Erzählung des Körpers als fremd- und eigenbestimmtes Unternehmen entwickelt wird.
   
Für Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen mobilisieren Henrike Iglesias, die Kammerspiele München und das junge theater basel (Schweiz) gemeinsam die „Female Future Force“. In zwei Produktionen werden Tabus im Kontext des Essens bzw. Selbst-Inszenierungen junger Mädchen im Internet untersucht. Den Abschluss bildet die Gründung einer feministischen Traumschule unter dem Stern des female* wisdom.
   

Mit dem Schlagwort „Über.Land“ zielen das Frankfurter TheaterGrüneSoße, das Landestheater Marburg und das Theater überzwerg Saarbrücken darauf ab, mobile Theaterproduktionen für junges Publikum zu entwickeln und nachhaltige Strukturen für Gastspiele im ländlichen Raum zu etablieren.
   
Das afrikanisch-europäische Künstlerkollektiv um Thomas Goerge und Lionel Somé verbindet sich mit der Oper Halle und der Oper Lübeck, um in verschiedenen künstlerischen Veranstaltungsformaten das koloniale Erbe der europäischen Oper zu untersuchen. Höhepunkte sind eine szenisch-musikalische Übermalung der französischen Oper „L'Africaine“ (Giacomo Meyerbeer) und eine experimentelle Uraufführung von „L'Européenne“ (Richard van Schoor).
   
Mit „Wald und Nation“ entwickeln Showcase Beat Le Mot zusammen mit dem Theater Freiburg und dem Konzert Theater Bern (Schweiz) zwei tourfähige Projekte, die sich mit dem Wald als einem imaginären Ort befassen. In Freiburg entsteht die Oper „Der Freischütz“ und in Bern wird mit „Walden“ eine Serie von Kunstaktionen in Wald und Stadt zu sehen sein, die in Kooperation mit dem Schlachthaus Theater und der freien Szene entsteht.
   
Im Projekt „Das Prinzip Nosferatu“ erforscht die Tanzcompagnie backsteinhaus produktion mit dem Theater Rampe Stuttgart und dem Theater Lübeck anhand des Stummfilms Nosferatu die Vampire der heutigen Zeit. In zwei Stücken wird mit Ensembles aus u.a. Tänzer/innen, Schauspieler/innen und Musiker/innen das Bild des Vampirs kulturkritisch und körperpolitisch untersucht.
   
AKA:NYX macht sich gemeinsam mit dem Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin und dem Volkstheater Rostock auf in „Das Land dazwischen“. Mit zwei recherchebasierten Inszenierungen und zwei Begegnungsformaten werden Produktionen entwickelt, die sich in andere Kontexte und Räume übertragen lassen und dadurch eine größere Reichweite haben.
   
Mit dem Jugendtheaterprojekt „Echt jetzt?!“ wollen TOBOSO, das Theater Duisburg und die Freilichtspiele Schwäbisch Hall speziell für Jugendliche ab 13 Jahre Theatererlebnisse schaffen, die sinnlich wie intellektuell anregen, und die den Fragen und Dingen des Lebens mit der Kraft der Phantasie und eigenständigem Denken begegnen.
   
Unter dem Titel „Organismen“ beschäftigen sich vorschlag:hammer, das Schlosstheater Moers und das Roxy Birsfelden (Schweiz) mit der Verfasstheit der Theater bzw. ihrer Umgebung und befragen in Workshops und Inszenierungen das Innenleben von zwei sehr unterschiedlichen Theatern und Kleinstädten.
   
Die Gruppe cyberRäuber, das Badisches Staatstheater Karlsruhe und das Landestheater Linz (Österreich) gehen der Frage nach, wie Virtuelle Realität auf die Bühne gebracht werden kann bzw. Theater weiterhin als soziale Kunst des Augenblicks erlebbar bleibt. Im Verbund mit dem ZKM Karlsruhe und der Ars Electronica entstehen drei hybride VR-Theater-Inszenierungen, die die Möglichkeiten digitaler Technologie im Theater erforschen.

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