In der romantischen Komödie geht es darum, den Figuren die Möglichkeit zu geben, ihre Fantasien auszuagieren; eine Erfahrung, aus der sie idealerweise persönlich gereift hervorgehen. Das Musical dagegen thematisiert vorwiegend den Balanceakt, den das Nebeneinader von glitzernder Fiktion und profaner Wirklichkeit den Darstellern abverlangt. Die Figuren in „Kiss me, Kate“, sind beidem ausgesetzt, während die Show läuft: Shakespeares „Zähmung der Widerspenstigen“ in wechselnder Perspektive vor und hinter der Bühne.
Das Drama dreht sich zunächst um Fred und seine Ex-Frau Lilli in den Rollen von Petruchio und Kate. Privat wie im Stück können sie weder mit- noch ohne einander, lieben und bekriegen sich. Dabei leidet die Kunst erheblich unter dem Einfluss der Wirklichkeit: Zunächst durch Lilli, die für ihr persönliches Gefühl der Kränkung auf offener Szene Rache nimmt. Später durch den Auftritt von zwei Ganoven, die – gekommen, um eine Spielschuld einzutreiben, – von Fred dazu benutzt werden, Lilli gewaltsam in Schach zu halten. Trotz dieser, für das Publikum bisweilen zwerchfellerschütternder Zwischenfälle, nimmt das Spektakel ein gutes Ende. Wie Kate und Petruchio einigen sich auch Lilli und Fred sowie das jüngere Liebespaar Ann, die es bislang mit der Treue nicht so genau nahm, und Bill, ein gedankenloser Spieler, die Kates Schwester Bianca und ihren Liebhaber Lucentio spielen. Ob der Reifeprozess, den die Shakespeareschen Figuren durchmachen, allerdings auch auf ihre Darsteller abfärbt? Den beiden Ganoven jedenfalls eröffnet die Begegnung mit Shakespeare lediglich neue Methoden zur Verführung von Frauen, wie sie in ihrem Hit „Schlag nach bei Shakespeare“ freimütig offenlegen.
Der Erfolg von „Kiss me, Kate“, das nach seiner Uraufführung 1948 in New York als erstes Musical mit zahlreichen Tony Awards ausgezeichnet wurde, beruht stark auf den romantischen und jazzigen Songs sowie den temperamentvollen Tanzmusiken von Cole Porter. Einzelne wie „So in Love“ oder „Too darn hot“ entwickelten sich zwar zu regelrechten Schlagern; Porter komponierte sie jedoch nicht, wie seinerzeit in anderen Musicals üblich, als eingeschobene Shownummern, sondern etablierte sie als bedeutungstragende Momente der Handlung. Die umgangsprachlichen Song-Texte stehen dabei in ironischem Kontrast zum Original Shakespeare.
Musikalische Leitung: Thomas Dorsch | Inszenierung: Gerd Leo Kuck | Choreografie: Rosita Steinhauser | Bühnenbild: Siegfried E. Mayer | Kostüme: Miriam Dadel | Einstudierung der Chöre: Thomas Dorsch / Jaume Miranda. Mit: Olaf Haye / Thomas Laske (Fred Graham / Petruchio), Titilayo Rachel Adedokun / An Kuohn (Lilli Vanessi / Kate), Thomas Braus (Bill Calhoun / Lucentio), Maresa Lühle (Lois Lane / Biancha), Hans Richter (Harry Trevor / Baptista), Katharina Greiß-Müskens (Hattie), Marco Agostini (Paul), Peter K. Hoffmann (Harrison Howell), Andreas Möckel, Christoph Stegemann (Zwei Ganoven) Andreas Heichlinger (Inspizient) u.v.a. | Chor und Statisterie der Wuppertaler Bühnen | Sinfonieorchester Wuppertal.
Weitere Vorstellungen: 26. 12. 2005 (18.00 Uhr), 08.01., 29.01. (jeweils 15.00 Uhr), 01.02., 03.02., 11.02. 2006 (jeweils 19.30 Uhr).