Karl Amadeus Hartmann (1905–1963) komponierte 1929–1930 den fünfteiligen Zyklus von Kammeropern, zusammengefasst unter dem Titel „Wachsfigurenkabinett“, für das neu eingerichtete Opernstudio der Münchner Staatsoper. Die fünf kleinen Opern blieben jedoch unvollendet, die Uraufführung erfolgte erst postum im Rahmen der ersten Münchener Biennale 1988 im alten Astronomiesaal des Deutschen Museums. Die Skizzen der drei bis dahin noch nie aufgeführten Stücke wurden von Hans Werner Henze, Günter Bialas und Wilfried Hiller vervollständigt.
Der von der Kabarettszene in Berlin und München beeinflusste Librettist Erich Bormann schrieb fünf kuriose Miniaturen, die in Momentaufnahmen den Anfang des 20. Jahrhunderts wie in einem Wachsfigurenkabinett festhalten. Vom schnellen Aufstieg und rastlosen Tun, vom Geld und von den scheinbar goldenen Zeiten in Amerika handeln die fünf Stücke. Musikalisch ließ sich Hartmann von den populärmusikalischen Strömungen seiner Zeit wie dem Jazz oder der Stummfilm- und Modetanzmusik inspirieren. Er wählte eine Kammerbesetzung mit Flöte, Oboe, Klarinette, Fagott, Trompete, Posaune, Schlagzeug, Harmonium und Klavier. Gemeinsam sind den Miniaturen der schlichte, sachliche Stil, die kleine Besetzung und ihre zugespitzte, montagehafte Dramaturgie.
Gemäß dem Ziel mit dem Opernstudio neue Orte für Musiktheater in der Stadt zu entdecken, inszeniert die künstlerische Leiterin des Opernstudios, Mechthild Hoersch, Hartmanns Frühwerk im Katholischen Stadthaus „maxhaus“ in der Düsseldorfer Altstadt. Der Künstler Constantin Wallhäuser, der in Düsseldorf studiert hat und inzwischen mit Ausstellungen und Installationen auch in Berlin, Dresden, Nürnberg und Chicago zu Gast ist, hat für das maxhaus eine Videoinstallation entwickelt, die Raum und Stücke neu entdecken lässt. Die Kostüme hat Inga Gürle entworfen, Ville Enckelmann übernimmt die musikalische Leitung des Kammerorchesters aus Mitgliedern der Düsseldorfer Symphoniker. Die Sängerinnen und Sänger des Opernstudios Luiza Fatyol, Hagar Sharvit, Jessica Stavros, Aïsha Tümmler, Attila Fodre, Evgenii Nagovitcyn, Paul Stefan Onaga und Felix Rathgeber sind in den fünf Kurzopern in den unterschiedlichsten Partien zu erleben.
LEBEN UND STERBEN DES HEILIGEN TEUFELS
Das als Nummernoper angelegte Stück „Leben und Sterben des heiligen Teufels“ befasst sich mit den letzten Ereignissen im Leben des hellseherischen Mönchs Grigorij Rasputin vor seiner Ermordung. Die Moritat wurde vermutlich von Erwin Piscators Berliner „Rasputin“-Inszenierung angeregt.
DER MANN, DER VOM TODE AUFERSTAND
(Nach den Skizzen vervollständigt und in Partitur gesetzt von Günter Bialas (Vorspiel & Finale) und Hans
Werner Henze) „Der Mann, der vom Tode auferstand“, von Günter Bialas (Vorspiel und Finale) und Hans Werner Henze vervollständigt, zeigt einen angstgeplagten Kapitalisten, der im Halbschlaf eine Radioübertragung der Revolutionsoper „Das Ende der Paläste“ mit dem Straßenlärm vor seinem Haus vermischt und Schein und Wirklichkeit nicht mehr trennen kann. Als es an der Tür klingelt denkt er, die „Kommunisten“ wollten ihn holen, stellt jedoch fest, dass seine Frau nur ihren Hausschlüssel vergessen hat.
CHAPLIN-FORD-TROTT
(Nach den Skizzen vervollständigt und in Partitur gesetzt von Wilfried Hiller)
Die Konsum- und Unterhaltungswelt, Rassismus, Korruption und scheinbare Sexualmoral im Amerika der Zwanziger Jahre wird in „Chaplin-Ford-Trott“, einer „szenischen Jazzkantate“, parodiert. Musikalisch wird in Rhythmus und Melodik eine Beziehung zu den Modetänzen der Zwanziger Jahre hergestellt. Wilfried Hiller vervollständigte den autographen Klavierauszug mit Ergänzungen nach Hartmanns Angaben.
FÜRWAHR...?!
(Nach den Skizzen vervollständigt und in Partitur gesetzt von Hans Werner Henze)
Das Stück ist eine amüsante Miniatur aus dem Leben der kleinen Leute: zwei betrunkene Männer wollen dieselbe Haustüre aufschließen und geraten darüber in Streit, bis die Hausherrin die Verwirrung auflöst: „Führwahr, ich merk‘ es schon: es ist der Vater mit seinem Sohn.“
DIE WITWE VON EPHESOS
Das Singspiel „Die Witwe von Ephesos“, in Anlehnung an die antike Erzählung aus dem „Satyricon“ des
Petronius, stammt vollständig aus Hartmanns Feder und ist eine Satire auf ökonomische Fehlentwicklungen und daraus resultierender Not und Verrohung menschlicher Gefühle in ökonomischer Sicht.
Fünf kleine Opern
Libretti von Erich Bormann
Musikalische Leitung: Ville Enckelmann Kostüme: Inga Gürle
Inszenierung: Mechthild Hoersch Dramaturgie: Bernhard F. Loges
Videoinstallation und Bühne: Constantin Wallhäuser
Sängerinnen: Luiza Fatyol, Hagar Sharvit, Jessica Stavros, Aïsha Tümmler
Sänger: Attila Fodre, Evgenii Nagovitcyn, Paul Stefan Onaga, Felix Rathgeber
Düsseldorfer Symphoniker
Aufführungen im maxhaus (Schulstraße 11, 40213 Düsseldorf):
Sa 05.04. 20.30 Uhr | Di 08.04. 20.30 Uhr | Do 10.04. 20.30 Uhr | Sa 12.04. 20.30 Uhr
Karten und weitere Informationen sind erhältlich in den Opernshops Düsseldorf und Duisburg,
Tel. 0211.89 25 211 // 0203.940 77 77, sowie über www.operamrhein.de.