Fair Trade darf sich nicht auf den Austausch von Gütern beschränken. Er muss das gesamte menschliche Miteinander umfassen, auch die Kultur. Mit diesem Credo treten die Macher_innen des Festivals „fairCulture – die Welt von morgen“ vom 14. bis 18. Juni in Hannover an. In der Praxis mit einem Jugendtheater-Treffen, an dem sich Gruppen aus Palästina, Ghana, Malawi, Polen, der Türkei und Deutschland beteiligen. Und in der Theorie beim begleitenden Symposion zu entwicklungsbezogener Theaterarbeit.
Um die Vision einer fairen Begegnung unterschiedlichster kultureller Traditionen zu verwirklichen, hat sich ein Netzwerk zusammengeschlossen, das schon durch die Breite seiner Mitglieder Modellcharakter hat: Die Bundesarbeitsgemeinschaft Spiel & Theater (BAG), das Junge Schauspiel des Staatstheaters Hannover und die Stadt Hannover (Kulturbüro und Agenda 21-Büro) treten gemeinsam als Veranstalter_innen auf; unterstützt werden sie vom Fachbereich Darstellendes Spiel der Leibniz-Universität Hannover, dem Theaterpädagogischen Zentrum Hannover, dem UNESCO-Chair Cultural Policy for the Arts in Development der Universität Hildesheim sowie Partner-Institutionen in den beteiligten Ländern.
Das seit vielen Jahren erfolgreiche Festival „Jugend spielt für Jugend“ des Schauspiels Hannover soll mit fairCulture internationalisiert werden und dabei die vorherrschende Trennung von Kultur und Entwicklung/Nachhaltigkeit aufheben. Je eine Jugendtheatergruppe aus dem Ausland wird mit einer Schultheatergruppe aus Hannover kooperieren. Aktuelle Themen wie Klimawandel, Migrationsströme, Aids-Prävention oder digitale Medien werden theatral neu befragt. Nicht nur voneinander, sondern auch miteinander lernen lautet die Maxime. Bärbel Jogschies, Leiterin des Jungen Theaters am Schauspiel Hannover: „Das ist ein Paradigmenwechsel, eine völlig neue Sichtweise von Schultheater.“
„Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Kultur. Dazu brauchen wir ein Theater, das Aufklärung, soziales Bewusstsein und Selbstbestimmung fördert“, sagt Klaus Hoffmann, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Kirche und Theater in der EKD. Damit verbunden sei eine Abkehr von der Leistungsschau, zu der die Kunst immer wieder neige. „Wir haben uns bewusst dagegen entschieden, fertige und bereits mit Erfolg aufgeführte Produktionen einzuladen“, ergänzt BAG-Geschäftsführerin Ute Handwerg. Der Prozess der gemeinsamen Arbeit in Workshops, Proben und Diskussionen stehe im Vordergrund, nicht das Ergebnis. Ute Handwerg: „Damit ist natürlich ein ästhetisches Risiko verbunden“ – zu überprüfen bei Aufführungen im Schauspiel Hannover (Ballhof).
Das begleitende Symposion vom 16. bis 18. Juni im Leibnizhaus nutzt die Chance, die Reflexion entwicklungsbezogener und nachhaltiger Theaterarbeit mit praktischer Anschauung zu verknüpfen. Kann Theater einen gesellschaftlichen Wandel bewirken oder verstärken? Sind Künstler_innen „perfect change agents“? Verliert das Theater dadurch seine Eigenständigkeit? Welche Auswirkungen kann Theaterarbeit auf die gesellschaftliche Situation der Beteiligten haben? Diese und verwandte Fragen werden beim Symposion im Mittelpunkt stehen.
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