Die Schüler beten unreflektiert die Ideologie eines diktatorischen Systems nach, dem sich auch der Lehrer zunehmend beugt und der sich damit selbst verleugnet. Diese Jugend ohne Gott ist sowohl traurig als auch böse, sie ist grausam und melancholisch, sie kennt keine Verantwortung. Im Osterlager geraten die Konflikte außer Kontrolle – hier werden Machtkämpfe ausgetragen, hier wird gestohlen, geliebt, ein fremdes Tagebuch gelesen und ein Mord begangen. Der Lehrer ahnt schließlich die Notwendigkeit einer überfälligen Entscheidung – für die Wahrheit und den persönlichen Einsatz. Sein Eingeständnis der eigenen Schwäche ist ein großes Bekenntnis zu Herz und Gewissen.
Die erste Premiere in der schmidtstrasse12 in dieser Spielzeit wird inszeniert von einem Regie-Nachwuchstalent: Julia Hölscher hat gerade ihr Regiestudium an der Theaterakademie Hamburg beendet und inszeniert bereits an großen Häusern wie am Düsseldorfer Schauspielhaus oder am schauspielhannover. Für ihre Produktion Das Mädchen aus der Streichholzfabrik nach dem Drehbuch von Aki Kaurismäki an der Theaterakademie Hamburg wurde sie beim Körber Studio Junge Regie mit dem Preis für die beste Nachwuchsregie ausgezeichnet. Die Jury begründete die Wahl mit den Worten: Sie „schafft mit reduzierten Mitteln eine ganz eigene Welt, erzählt ohne illustrativ zu werden die Geschichte von heutigen Menschen, die auf ihre Sehnsüchte zurückgeworfen sind. Gezeigt wird das weniger durch Worte und Dialoge, als durch eine genau beobachtete Körperlichkeit, zwischen Gehemmtheit und Ausbruchslust, durch Blicke, die Räume und Grenzen schaffen. Die Inszenierung besticht durch einen bitter traurigen Humor, ungewöhnliches Rhythmusgefühl, hohe Musikalität und zeichnet sich durch poetische Bilder aus.“ Für Julia Hölscher sind es gerade die musikalischen und choreographischen Aspekte einer Inszenierung, die sie besonders interessieren. Die 28-jährige ist über Umwege zum Theater gelangt. Arbeiten beim Bio-Bauern, ein Fluglotsen-Praktikum und karitative Arbeit in Südafrika gehören genauso in ihre Biographie wie ein Studium des Operngesangs. Ihre neueste Arbeit stellt sie nun am schauspielfrankfurt vor. Es handelt sich um eine Dramatisierung des Romans Jugend ohne Gott von Ödön von Horváth. Auch hier wird ihr choreographischer Blick eine wichtige Rolle spielen. Dennoch sollen die Figuren auch psychologisch unterfüttert werden. Ein Stoff, der für Julia Hölscher trotz seiner Verankerung im Nationalsozialismus ausreichend Aktualität besitzt.
Regie: Julia Hölscher
schauspielfrankfurt in Kooperation mit der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt
Nach der Premiere von Jugend ohne Gott am 29. September 2007 wird der Beginn der Spielzeit in der schmidtstrasse12 am 6. Oktober gefeiert, mit einem rauschenden Eröffnungsfest geradewegs in das Spielzeitmotto ANGST.RAUSCH. Schon ab 15.00 Uhr beginnen wir mit spannenden Workshops wie Akrobatik, Capoeira (brasilianischer Kampftanz), Theaterspielen, Crumping (afroamerikanischer Tanzstil). Erholen Sie sich im Panic-Room von berauschenden
Lesungen und Installationen, welche die Nerven zum Flattern bringen. Raten Sie mit bei der Horroszenen-Scharade, genießen Sie einen musikalischen Apéro in »Winnis Lounge« und erleben Sie eine Vorstellung von Robinson Crusoe oder Friday, I’m in love unter der Regie von Robert Lehninger. Anschließend laden wir Sie ein zu angstfreiem Feiern und Tanzen mit Live-Musik und DJs bis zum Umfallen!