Das Stück beginnt mit einer kleinen intimen Szene wie von Georges de la Tour gemalt: auf der dunklen Bühne zwei Frauen, von unten beleuchtet, in flüsterndem Gebet vereint, Maria Stuart (Melanie Kretschmann) und ihre Amme Hanna Kennedy (Susanne Tremper). Mit einem ein durchdringenden elektronisches Signal und gleißendem Licht wird die Szene abrupt beendet. Die Bühne ist nun der Hochsicherheitstrakt eines Gefängnisses. Wachpersonal tritt auf. Sichtbar wird ein schräg hochgestelltes quadratisches Holzbrett, auf dem sich das Geschehen der nächsten zweieinhalb Stunden abspielt. Kreuzförmig angelegte Stege ermöglichen Auf- und Abgänge. Wenn Maria Stuart unverhofft Freigang hat, wird Rollrasen ausgelegt und sie tollt voller Freude darauf herum wie ein Kind.
Maria Stuart gibt sich fromm und unschuldig, dabei ist sie wahrlich kein Unschuldslamm. Sie ließ ihren Gatten ermorden und versucht eiskalt ihre Machtansprüche auf den Thron von England durchzusetzen, indem sie Attentate gegen die Königin Elisabeth plant. Als eine lange geforderte Begegnung endlich stattfindet, von der sie sich ihre Freilassung erhofft, demütigt sie die Königin, so dass von einer Versöhnung keine Rede mehr ist.
"Maria Stuart" ist ein Stück voller Intrigen und Verrat. Keiner vermag mehr dem andern zu vertrauen. Macht und Einfluss sind der Handlungsanlass. Und auch Liebschaften werden aus purer Machtiger eingegangen. Aber die eigentliche Hauptperson ist Elisabeth. Das Todesurteil über Maria Stuart zu unterschreiben, bringt sie in ein arges Dilemma, weiß sie doch, dass Marias Tod allein ihr angelastet würde. Sie zögert, windet sich, schwankt zwischen Gefühl und Staatsräson. Auf ihre Berater ist kein Verlass. Und die wohl schwerste Enttäuschung erlebt sie, als ihr engster Vertrauter, Graf Leicester, sich als Verräter entpuppt. Als das Todesurteil endlich unterzeichnet ist, versucht sie geschickt lavierend, die Verantwortung für die Vollstreckung durch unklare Anordnungen von sich zu weisen. Am Ende ist sie ganz allein, ihre Berater sind verbannt, verhaftet, geflohen oder entziehen sich. Im schicken Businesskostüm kann sie die Geschehnisse nur noch zur Kenntnis nehmen, für alles hat sie nur noch ein resignierend geäußertes "hmhm" im Sinne von "ach so!" übrig.
Stefan Bachmann hat das Stück von Schiller behutsam modernisiert und das Gewicht auf das politische Geschehen gelegt, Er konzentriert sich auf die Protagonisten, Nebenfiguren wurden gestrichen. Bei den Kostümen herrscht eine gelungene Mischung zwischen Renaissance und Gegenwart, offenbar konnte man den eindrucksvollen Renaissancekostümen nicht widerstehen. Eine gelungen Ensembleleistung, besonders überzeugend Olivia Grigolli als Elisabeth.
Inszenierung: Stefan Bachmann
Bühne :Hugo Gretler
Kostüm: Esther Geremus
Darsteller: Olivia Grigolli, Melanie Kretschmann, Susanne Trempe, Sebastian Blomberg, Winfried Küppers, Rainer Galke, Daniel Nerlich, Pierre Siegenthaler, Michele Cuciuffo
Premiere am 29. Februar 2008, Großes Haus