In bewährter Form wurde auch der Ballettabend "b29" dreiteilig in der Deutschen Oper am Rhein präsentiert: Zwei Stücke aus dem klassischen Ballettrepertoire rahmen das neue Werk von Martin Schläpfer. Der Zuschauer wird so mit Neuem und mit Werken aus der Ballettgeschichte vertraut.
Aus Verehrung für Mozart schuf Peter Tschaikowsky seine Suite Nr. 4 in G-Dur, in der er u.a. drei kürzere Stücke Mozarts, mit Gluck angereichert, verarbeitete und nannte sie "Mozartiana". Aus Verehrung für Tschaikowsky schuf George Balanchine sein gleichnamiges Ballett, wobei er die Preghina von der dritten Stelle an den Anfang setzte. Ganz der klassischen Balletttradition verpflichtet, in der die fünf Positionen die wesentliche Rolle spielen, lässt das Düsseldorfer Ballettensemble – wie gewohnt perfekt – dieses bezaubernd leichte Ballett aufleuchten.
"Konzert für Orchester" von Martin Schläpfer ist von anderer Natur. Musikalische Grundlage bildet Witold Lutoslawskis Konzert für Orchester, das in einer Phase des eigenen schöpferischen Umbruchs entstand, auf dem Weg zur Neuen Musik. Es beinhaltet auch folkloristische Elemente, die aber verfremdet wurden und es ist durch die politische Situation Polens in der unmittelbaren Nachkriegsära beeinflusst. Es ist geradezu die ideale Musik für Schläpfers kraftvolle Bewegungssprache, mit der er das klassische Repertoire um das Rammen der Füße in den Boden, das Stampfen und das Verharren in einer Stehposition auf Spitze erweitert hat. Still, ohne Musik beginnt "Konzert für Orchester", die Tänzer bewegen sich ungeordnet über die Bühne, niedergedrückte Schattenwesen. Mit Einsetzen der Musik finden sie zueinander, mit Energie rebellieren sie gegen Unterdrückung, Verfolgung und Ausgeliefertsein, einzeln und in der Gruppe. Sie zittern voller Verzweiflung, gehorchen und verraten, finden auf der Suche nach Stabilität Liebe in unsicheren Zeiten.
Der Abend klingt aus mit Jerome Robbins heiterem "The Concert". Offenbar wurde er durch die Beobachtung von Zuschauern bei einem Kurkonzert zu dieser Persiflage inspiriert. Der Pianist ist exaltiert und muss sich mit lärmenden Klappstuhlbesitzern plagen, ein Paar ist in der Ehekrise, alle Besucher sind kleine Snobs, reizende Damen versuchen sich dem Pianisten aufzudrängen und immer reicht die Anzahl der Stühle nicht, so dass man unfreiwillig die Reise nach Jerusalem spielen muss. Ein Platzanweiser sorgt noch für zusätzliches Chaos. Dazwischen immer der unbeholfene, eingeschüchterte Ehemann, der dann irgendwann gegen die schnippische Ehefrau das Messer zu zücken versucht, aber natürlich verhindert wird. Und mit der Choreographie des auftretenden Ballettcorps klappt es auch nicht so recht: eine ist immer zu spät oder orientiert sich in die falsche Richtung und das ist beileibe nicht immer die plumpe Brillenträgerin... Hinterher löst sich alles in einem bizarren Schmetterlingsreigen auf. Schläpfers Balletkompagnie bezaubert in "The Concert" mit einer perfekten Darstellung des Misslingens.
Alle drei doch sehr unterschiedlichen Stücke von "b29" wurden, man kann schon sagen wie immer, perfekt dargeboten und fanden beim Publikum wieder euphorischen Anklang.
"Mozartiana" von George Balanchine
MUSIK: Suite Nr. 4 G-Dur op. 61 „Mozartiana“ von Peter I. Tschaikowsky
Choreographie: George Balanchine
Musikalische Leitung: Wen-Pin Chien
Kostüm: Rouben Ter-Arutunian
Licht: Franz-Xaver Schaffer
Choreographische Einstudierung: Joysanne Sidimus
Principle Woman: Sonia Dvořák / Feline van Dijken
Principle Man: Marcos Menha / Eric White
Gigue: Alexandre Simões
Four Ladies: Alexandra Inculet, Kailey Kaba, Norma Magalhães, Virginia Segarra Vidal, Elisabeta Stanculescu, Irene Vaqueiro
Four Girls: Alicia Hannah, Sasha Dreyer, Frances van der Hoven, Sae Ishimoto, Anna Pasello, Saki Tanaka
Düsseldorfer Symphoniker
In Kooperation mit der Akademie des Tanzes an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim, Leitung: Prof. Birgit Keil
Konzert für Orchester von Martin Schläpfer
MUSIK: Konzert für Orchester von Witold Lutoslawski
Choreographie: Martin Schläpfer
Musikalische Leitung: Wen-Pin Chien
Bühne & Kostüme: Florian Etti
Licht: Franz-Xaver Schaffer
Tänzerinnen:
Ann-Kathrin Adam, Marlúcia do Amaral, Camille Andriot, Doris Becker, Wun Sze Chan, Feline van Dijken, Sonia Dvořák, Alexandra Inculet, Yuko Kato, So-Yeon Kim, Helen Clare Kinney, Aleksandra Liashenko, Norma Magalhães, Cassie Martín, Claudine Schoch, Virginia Segarra Vidal, Elisabeta Stanculescu, Irene Vaqueiro
Tänzer:
Rashaen Arts, Brice Asnar, Yoav Bosidan, Rubén Cabaleiro Campo, Odsuren Dagva, Michael Foster, Filipe Frederico, Philip Handschin, Vincent Hoffman, Sonny Locsin, Pedro Maricato, Marcos Menha, Tomoaki Nakanome, Bruno Narnhammer, Chidozie Nzerem, Friedrich Pohl, Boris Randzio, Alexandre Simões, Arthur Stashak, Daniel Vizcayo, Eric White
Düsseldorfer Symphoniker
The Concert von Jerome Robbins
MUSIK Polonaisen, Préludes, Berceusen, Walzer, Mazurkas und Balladen von Frédéric Chopin in einer Orchestrierung von Clare Grundman
Choreographie: Jerome Robbins
Musikalische Leitung: Wen-Pin Chien
Bühne: Saul Steinberg
Kostüme: Irene Sharaff
Licht: Jennifer Tipton
Lichtumsetzung: Kévin Briard
Choreographische Einstudierung: Ben Huys
Klavier: Matan Porat
Tänzerinnen:
Ann-Kathrin Adam, Marlúcia do Amaral, Mariana Dias, Feline van Dijken, Sonia Dvořák, Kailey Kaba, Norma Magalhães, Cassie Martín, Irene Vaqueiro, Virginia Segarra Vidal
Tänzer:
Michael Foster, Brice Asnar, Rubén Cabaleiro Campo, Filipe Frederico, Philip Handschin, Vincent Hoffman, Sonny Locsin, Pedro Maricato, Bruno Narnhammer, Friedrich Pohl, Eric White
Düsseldorfer Symphoniker
Düsseldorfer Premiere Sa 23.09.2017 – 19.30 Uhr im Opernhaus Düsseldorf