Auf langen Zugfahrten in überfüllten ICE’s hat sie einmal mehr Menschenbilder
gesammelt und mit der ihr eigenen Sprachgewalt in genaue Betrachtungen gegossen. Sie gibt denen ein Gesicht, die wir alle von unseren Zugfahrten her kennen und doch nicht wirklich wahrnehmen: der jungen Frau mit den
dunklen Haaren, die ständig irgendetwas sucht und wieder verliert; dem wichtig wirkenden Anzugträger mit Laptop; dem vollschlanken Rentnerpaar auf lautstarker Suche nach ihren reservierten Plätzen; dem schokoladeund
buchverschlingenden Autisten; Herrn Schmidt aus der Abteilung Zement, und anderen. Man wird Zeuge von Sitzplatzverteilungskämpfen und Privatsphärenbehauptungen: die abgestellte Tasche auf dem Nebenplatz
signalisiert überdeutlich eine besetzte Zone; das Großraum-Abteil gaukelt Anonymität vor und vermittelt Handy-Benutzern oftmals die Illusion der eigenen vier Wände, was sämtliche anderen Mitreisenden zum Zwangsmithören verurteilt.
Das Chaos ihrer Stimmen hat die Autorin zu einem grandiosen Bahn-Konzert
verdichtet und zugleich eine gesellschaftliche Momentaufnahme über den alltäglichen Wahnsinn geschaffen, in dem Kommunikation nur noch in egozentrischen Schleifen stattzufinden scheint und selbst im Moment der
Katastrophe nicht zum Miteinander findet.
Inszenierung: Peter Wallgram
Bühne und Kostüme: Pia Maria Mackert
Dramaturgie: Oliver Held
Mit: Sophie Basse, Holger Kraft, Maresa Lühle, Marco Wohlwend
Die nächsten Vorstellungen sind am 7. und 8. Januar 2010 im KLEINEN SCHAUSPIELHAUS.