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HULDIGUNG AN EINEN KLANGMAGIER -- Neue CD: Pianist Matthias Kirschnereit - "Wagner Liaisons" bei Berlin ClassicsHULDIGUNG AN EINEN KLANGMAGIER -- Neue CD: Pianist Matthias Kirschnereit -...HULDIGUNG AN EINEN...

HULDIGUNG AN EINEN KLANGMAGIER -- Neue CD: Pianist Matthias Kirschnereit - "Wagner Liaisons" bei Berlin Classics

Richard Wagner war vor allem ein Meister der suggestiven Klangmagie. Dem trägt das neue Album des Pianisten Matthias Kirschnereit Rechnung. Wagners Zeit in der Schweiz, seine Jahre in Zürich und Luzern, bilden den historischen Hintergrund dieses bemerkenswerten Albums. Hier schuf er zahlreiche Klavierstücke, die er als Widmungen und Albumblätter schuf.

 

Copyright: Felix Broede: Matthias Kirschnereit

Das "Albumblatt für E.B. Keitz" entstand im Jahre 1840 in Paris während Wagners "Hungerjahren". Dieses Werk wurde sogar als "Lied ohne Worte" bekannt. Und es ist ein Beweis dafür, dass Wagner eben doch auch von Felix Mendelssohn Bartholdy beeinflusst wurde. Mendelssohns hier zu hörendes "Lied ohne Worte" op. 38 Nr. 3 steht ebenfalls in derselben Tonart E-Dur - dabei verbinden sich sogar sphärenhafte Klangwelten. Richard Wagners "Sonate für das Album von Frau M.W." entspricht dem Formschema eines Sonatenhauptsatzes mit umgedrehter Reprise. Gerade auf die klare Struktur legt Matthias Kirschnereit großen Wert. Die "Ankunft bei den schwarzen Schwänen" von Richard Wagner hat die gleiche Tonart As-Dur wie die "Album-Sonate" mit einer Einleitung, die die Harmonik verschleiert. 

Von Georges Bizet erklingt dann ein impressionistisch beeinflusstes "Nocturne", das mit seinen chromatischen Passagen und seinen Klangfinessen besticht. Zwischen diesen Stücken wirkt Anton Bruckners "Erinnerung" tatsächlich stark verinnerlicht, geradezu sakral und ein wenig melancholisch.  Der romantische Stil schimmert hier geheimnisvoll hervor, erinnert sogar an ein Nocturne von Chopin. Sehr leidenschaftlich und schwungvoll interpretiert Matthias Kirschnereit dann den "Zürcher Vielliebchen-Walzer" von Richard Wagner. Ausgezeichnet ist auch das rasant musizierte Scherzo in c-Moll op. 3 von Joachim Raff, dessen Klangzauber den Hörer fesselt. 

Natürlich dürfen bei Kammermusik von Richard Wagner die "Wesendonck-Lieder" nicht fehlen, deren vierte Nummer "Schmerzen" Matthias Kirschnereit mit "Tristan"-Zauber interpretiert. Henri Duparc hat diese geheimnisvolle Stimmung bei "Aux etoiles: Lent et doux" aufgenommen, wobei der Geist des französischen Impressionismus dominiert. "Schlaflos" aus "Notenbrief für Mathilde Wesendonck" von Richard  Wagner leitet dann emotional zu "Stambogsblad" von Rued Langgaard über, dessen Andante-Stimmung die seelenvolle Stimmung trifft. 

Richard Wagners "In das Album der Fürstin Metternich" verbindet sich mit "Innocence" (Poco rubato) von Hans von Bülow (dem er die Frau ausspannte) in seltsamer Weise, wobei die harmonische Entwicklung nachlässt und schwächer wird. Kurios wirkt der abgründe rhythmische Schwung der "Polka" von Richard Wagner - und noch kurioser erscheint "So lach doch mal" von Friedrich Nietzsche mit ihrer seltsamen Klangwelt. 

Ein Höhepunkt sind sicherlich die musikalischen Bilder aus "Der Ring des Nibelungen" (genauer gesagt aus "Siegfried") von Richard Wagner im kunstvollen Arrangement von Joseph Rubinstein. Neben der überwältigenden Szene "Siegfried und Brünnhilde" überzeugen das tragische Pathos und die grandiose motivische Dichte! Zum Schluss folgt "Am Grabe Richard Wagners" von Franz Liszt, wobei die Intervalle eine geradezu gespenstische Aura besitzen. 
 
     

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