Dreißig Jahre nach seiner Rückkehr springt er aus dem Fenster seiner Wohnung auf den Heldenplatz. Jenen Platz, auf dem Adolf Hitler am 15. März 1938 unter dem Jubel von Hunderttausenden den Anschluss an Nazi-Deutschland verkündete. Der Professor wählt den Freitod, weil er darunter leidet, dass die Situation in Österreich „noch viel schlimmer als vor fünfzig Jahren“ sei.
Das Stück entstand 1988 anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums des Burgtheaters und des „Bedenkjahres“ 50 Jahre nach der Eingliederung des Bundesstaates Österreich in das nationalsozialistische Deutsche Reich. Es sorgte für den größten Skandal der österreichischen Theatergeschichte, denn bereits im Vorfeld der Uraufführung kam es, befeuert von zahlreichen Zeitungen und Politiker*innen, zum Vorwurf, Bernhard überschreite die Grenzen des Zumutbaren. Die Uraufführung fand unter Polizeischutz statt und dauerte statt zweieinhalb fünf Stunden. Das Stück sorgte Ende der 80er-Jahre mit dafür, dass sich das Land mit seiner nationalsozialistischen Vergangenheit zu beschäftigen begann. Und heute, achtzig Jahre nach dem Anschluss? Der einstige Nestbeschmutzer ist in den Rang eines zeitgenössischen Klassikers erhoben und rechtes Denken wieder gefährlich populär geworden.
Thomas Bernhards Stück „Heldenplatz“ wurde weltweit gespielt: von Portugal bis Schweden, von den USA bis Argentinien. Erstmals wird es nun auch in Graz gezeigt, an dem im Stück auf die typische Bernhard’sche Art kein gutes Haar gelassen wird.
Zum Regisseur
Franz-Xaver Mayr, geboren 1986 in Hallein, studierte Regie an der Zürcher Hochschule der Künste. Für seine Diplominszenierung „Antigone“ wurde er 2016 zum renommierten Körber Studio für junge Regie nach Hamburg eingeladen. 2016 gewann er gemeinsam mit Korbinian Schmidt den Nachwuchswettbewerb des Theaters Drachengasse für ihre Produktion „Die großen Kinder unsrer Zeit“. 2017 inszenierte er am Schauspielhaus Wien „Diese Mauer fasst sich selbst zusammen und der Stern hat gesprochen, der Stern hat auch was gesagt“ von Miroslava Svolikova. Mit dieser Regiearbeit wurde er für den Nestroy-Theaterpreis 2017 in der Kategorie „Bester Nachwuchs männlich“ nominiert.
Franz-Xaver Mayr hat sich mit formstarken, auf die Musikalität der Sprache vertrauenden Inszenierungen im deutschsprachigen Raum einen Namen gemacht. Im Schauspielhaus Graz war von ihm bereits „Am Boden“ von George Brant (2017.2018) und „Menschen mit Problemen, Teile I bis III“ von Sibylle Berg (2018.2019, Wiederaufnahme 2019.2020) zu sehen.
Regie Franz-Xaver Mayr
Bühne Korbinian Schmidt
Kostüme Michela Flück
Musik Matija Schellander
Video Billy Roisz
Licht Micha Beyermann
Dramaturgie Karla Mäder
Theaterpädagogik Timo Staaks
Mit
Frau Zittel, Wirtschafterin des Verstorbenen Florian Köhler
Herta, ein Hausmädchen Raphael Muff
Prof. Robert Schuster, Bruder des Verstorbenen Julia Richter
Anna, Tochter des Verstorbenen Evamaria Salcher
Olga, Tochter des Verstorbenen Oliver Chomik
Prof. Liebig, Kollege des Verstorbenen Franz Solar
Prof. Landauer, Kollege des Verstorbenen /
Wissenschaftlerin (Video) Sarah Sophia Meyer
Lukas, Sohn des Verstorbenen Fredrik Jan Hofmann
Hedwig, genannt Frau Professor, Ehefrau des Verstorbenen Julia Gräfner
Sängerin Johanna Sophia Baader
Chor Marisa Becksteiner, Margit Gugerbauer, Gernot Harter, Brigitte Hinteregger, Agnes Hobiger, Lukas Hoscher, Bernd Hubich, Chiara Juriatti, Doris Klammer, Sina König, Lejla Kurtic, Hermann Leiner, Clara Obrecht, Barbara Pfleger, Gabriele Roller, Selina Rudlof, Antonia Veitschegger
weitere bereits disponierte Vorstellungen am 14., 15., 22. und 24. Jänner sowie am 6. und 8. Februar, jeweils 19.30 Uhr, HAUS EINS
Tickets
T 0316 8000, F 0316 8008-1565, E tickets@ticketzentrum.at
I www.schauspielhaus-graz.com
Das Bild zeigt Thomas Bernhard