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Glamouröser Sklavenaufstand

"Spartakus" von Youri Vàmos in der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf

 

In der sowjetischen Propaganda wurde der Sklavenaufstand der Antike als Vorstufe des Klassenkampfes gesehen. Dieser Ideologie folgend kreierte der armenische Komponist Aram Chatschaturjan 1956 die Musik für das Ballett "Spartakus", in dem sich die Sklaven des römischen Reichs, angeführt von dem Gladiator Spartakus, gegen ihre Unterdrückung auflehnen. Der Aufstand scheitert. In Wirklichkeit wurde Spartakus im Kampf getötet, in den Buch- und Filmadaptionen des historischen Stoffes dagegen wurde er nach seiner Gefangennahme ans Kreuz geschlagen.

 

Youri Vàmos lehnt sich in seiner Choreographie von "Spartakus", die am 14. Februar 2009 in der deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf Premiere hatte, ebenfalls an diese Legendenbildung an. In vielen Rückblenden erzählt er von Kampf und Freundschaft, Unterdrückung, Liebe, Glück und Vergewaltigung. Und die vielen verschachtelten Rückblenden sind zugleich das Problem dieser Choreographie, denn sie erschweren unnötig die Verfolgung des Handlungsverlaufs, ja des Verständnisses insgesamt, zumal der Zuschauer mit schnellen Szenenwechseln und enormen Tempo konfrontiert wird. Da hätte man sich mehr Klarheit gewünscht.

 

Zunächst beginnt Youri Vàmos jedoch ruhig und besinnlich mit einem Prolog der trauernden Frauen, in dessen Choreographie er sich an den Ausdruckstanz anlehnt. Insgesamt dominieren Massenszenen, teilweise großartig inszeniert, wie die sich in einer Art Fries im Bühnenhintergrund abspielenden Szenen, mitunter aber auch etwas belanglos wie der Tanz der Dirnen in Pluderhosentutus, was denn doch etwas zu niedlich ist. Beeindruckend dagegen die Pas de deux mit Suzanna Kaic als Varynia und Filip Veverka als Spartakus, sowie Chidozie Nzerem als Afrikaner. Insgesamt eine bravouröse Ensembleleistung des gesamten Balletts.

 

Pet Halmen hat für diese Inszenierung ein Bühnenbild geschaffen, das sehr minimalistisch ist. Beherrscht wird das Geschehen durch ein über der Bühne schwebendes, riesiges, gekipptes Metallkreuz, farbig beleuchtet, das Ende des Gladiators vorausdeutend. Rechts und links der Bühne zwei überdimensionierte Gladiatoren. Die Kostüme dagegen changieren zwischen goldglitzerndem Glamour und ledergeschürztem Sado-Maso-Montur, beides an die Brutalität eines massenvernichtenden Systems erinnernd.

 

Die mitunter plakative Musik wird von den Düsseldorfer Symphonikern unter der Leitung von Felix Korobov allzu schwelgerischer Töne entkleidet und erscheint daher angenehm klar und gemäßigt.

 

Opernhaus Düsseldorf

Weitere Vorstellungen in Düsseldorf (jeweils um 19:30 Uhr):

22.02., 28.02., 08.03., 14.03., 19.03., 21.03., 01.07., 03.07

 

Choreographie: Youri Vàmos

Musikalische Leitung: Felix Korobov

Ausstattung: Pet Halmen

 

Spartakus: Filip Veverka, Varynia: Suzanna Kaic, Crassus: Alexey Afanasiev, Afrikaner: Chidozie Nzerem, Nubierin: Louisa Rachedi, Crixus: Amen Habokyan

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