Es herrscht gespenstische Einsamkeit inmitten der Familie Alving. Das gefährlichste Gespenst in Ibsens Gegen-Stück zu "Nora" ist die Lebenslüge der Helene Alving, die ihr familiäres Korsett – im Gegensatz zu Nora – zu lange trägt. Tragisch muss sie erkennen, dass ihre Anpassung an die gesellschaftliche Doppelmoral letztlich auf die Opferung ihres einzigen Kindes hinausläuft. Denn Osvald, der die Wahrheit hinter der bürgerlichen Fassade nicht kennt, kann sich von seinem familiären Erbe nicht befreien. Unheilbar erkrankt – gleich einem Wiedergänger seines toten Vaters – bittet er ausgerechnet seine Mutter darum, sein junges Leben zu beenden. Die Geister, die wir rufen, werden wir nicht los, denn sie hausen in unserem unverstandenen Inneren.
Raimund Orfeo Voigt und Leonie Wolf haben ihr künstlerisches Konzept aufgrund der gegenwärtigen Realität von Social Distancing verändert. Sie haben ein Raumlabyrinth geschaffen, aus dem es kein Entrinnen zu geben scheint und welches gleichzeitig spannungsvoll mit der größtmöglichen Distanz zwischen den Menschen spielt. Die Vereinsamung und die Undurchschaubarkeit der Gesamtdynamik für den Einzelnen verdichtet sich räumlich beklemmend. Kein Draußen in Sicht. Die ZuschauerInnen imaginieren die jeweiligen Begegnungen ähnlich wie beim Film per Schnitt und Gegenschnitt.
Die slowenische Theater- und Opern-Regisseurin Mateja Koležnik hat bereits vier Stücke von Ibsen inszeniert. Sie arbeitet regelmäßig in Wien, München, Frankfurt, Basel und Ljubljana. Koležnik gewann zahlreiche Preise und Auszeichnungen und inszenierte am Berliner Ensemble zuletzt die Deutsche Erstaufführung von Arne Lygres "Nichts von mir“.
Regie: Mateja Koležnik
Bühne: Raimund Orfeo Voigt, Leonie Wolf
Kostüme: Ana Savić-Gecan
Musik: Malte Preuss
Choreografie: Matija Ferlin
Dramaturgie: Amely Joana Haag
Corinna Kirchhoff
als Frau Helene Alving
Paul Zichner
als Osvald Alving
Veit Schubert
als Pastor Manders
Wolfgang Michael
als Tischler Engstrand
Judith Engel
als Regine Engstrand