Aus der Kirche kommt die Kabanicha mit ihrem Sohn Tichon und ihrer Schwiegertochter Katja. Jossi Wieler und Sergio Morabito zeigen dabei immer wieder Bruchstücke einer religiösen Prozession, es kommt auch zu starken Regenfällen. Die Dunkelheit und Tristesse des Geschehens sticht hervor. Man sieht die Menschen an einem Grenzzaun, der den mit schwarzen Vorhängen behängten Hintergrund fast verschließt. Die herrische Alte veranlasst den willensschwachen Tichon, für zwei Wochen zum Markt nach Kasan zu reisen.
Dann schiebt sich eine Wohnung vor den Grenzzaun. Es kommt zu einer geheimnisvollen Verwandlung. Im Hause Kabanoff spricht Katja mit Warwara von ihren Träumen. Sie gesteht ihr, einen anderen Mann zu lieben. Tichon ist zur Abreise gekommen und richtet harte Worte gegen Katja. Die Mutter demütigt ihre Schwiegertochter. Dabei kommt es zu einer dramatischen Zuspitzung, die einer der Höhepunkte dieser Inszenierung ist. Warwara, die sich heimlich auf der Empore mit Kudrjasch trifft, rät Katja, mit Boris ebenso zu verfahren. Gleichzeitig trifft Katja in leidenschaftlicher Weise mit Boris zusammen.
Im dritten Akt steht das Gewitter in unheimlicher Deutlichkeit im Zentrum des Geschehens. Als Katja dem zurückgekehrten Tichon gegenübersteht, wird sie vom Sturm der Elemente so tief ergriffen, dass sie ihm auf den Knien gesteht, ihn mit Boris betrogen zu haben. Das dramatische Geschehen verdichtet sich hier nochmals und hinterlässt eine elektrisierende Wirkung. Die Kabanicha fordert für Katja strengste Bestrafung. Warwara und Kudrjasch entziehen sich ihrem Zorn durch Flucht. Katja leidet sehr unter ihren Gewissensqualen und sehnt sich nach einem tröstlichen Wort von Boris. Doch er sagt ihr nur, dass er zu einer weiteren Geschäftsreise nach Sibirien aufbrechen müsse. Mit ihrer Verzweiflung allein, sucht Katja den Tod in der Wolga. Sie verschwindet im schwarzen Bühnenhintergrund. Tichon klagt seine Mutter des Mordes an seiner Frau an und bricht über der Leiche zusammen.
Neben alptraumhaften mittelalterlichen Bildsequenzen besticht diese Inszenierung vor allem durch ihre suggestive Personenführung. Alle Figuren sind so auf geheimnisvolle Weise miteinander verbunden. Das Staatsorchester Stuttgart vermag unter der einfühlsamen Leitung von Tito Ceccherini den magischen Naturklang der Tonsprache Janaceks in hervorragender Weise einzufangen. Das lyrisch reine Gefühl der Melodik überträgt sich hier beglückend auch auf die Singstimmen, wo insbesondere die kurzfristig eingesprungene Sopranistin Annette Dasch als Katja überzeugt. Sie kann der unverhüllten Erregung ihres Liebesgeständnisses eine erstaunliche Präzision verleihen.
Es kommt zu keiner harmonischen Aufsplitterung, weil der Komponist ja auch auf leitthematische Zusammenhänge weitgehend verzichtet. Doch der dramatische Unterstrom der Musik kommt in ausgezeichneter Weise zur Geltung, überträgt sich auch auf die anderen Singstimmen. Davon kann Elmar Gilbertsson als Boris ebenso profitieren wie Rainer Trost als zuletzt verzweifelter Tichon. Vor allem bei den großen Chorszenen am Schluss kommt eine gewaltige Bewegungskraft ins Bühnenbild, die Gegenstände bewegen sich, das visuelle Geschehen verändert sich. Das hat fast eine gespenstische Wirkungskraft. Und es ist das stärkste Bild dieser eher schlichten Inszenierung.
Der Staatsopernchor (Einstudierung: Bernhard Moncado) bietet dabei eine exzellente Leistung. Seelen- und Naturstimmungen fließen ineinander über, geben auch den anderen Sängern starkes Profil und Leuchtkraft. Maria Riccarda Wesseling als Kaufmannswitwe Kabanicha (Kabanova) und Patrick Zielke als Kaufmann Dikoj liefern hier eindrucksvolle Charakterporträts. Kai Kluge als Kudrjasch, Ida Ränzlöv als Pflegetochter Warwara sowie Torsten Hofmann als Kuligin, Lehrer, Chemiker und Mechaniker ergänzen den gesanglichen Reigen stimmungsvoll. Die reizvolle Harmonik blüht bei dieser Wiedergabe geradezu auf.
Insbesondere den langsamen und ruhigen Beginn der Oper fängt der Dirigent Tito Ceccherini mit dem Staatsorchester Stuttgart wirkungsvoll ein. Dann bricht die Melodie ab und es kommt zu einem leidenschaflichen Aufruhr, der dynamisch sehr transparent gestaltet wird. Vor allem die Sänger können sich dabei gut entfalten. Insbesondere die thematische Intensität dieser Oper kommt dank Annette Dasch ausgesprochen eindrucksvoll zum Vorschein. Ihr Monolog steht im Gegensatz zu "Jenufa", ihre Einsicht führt sie in den Tod.
Nicht nur im dritten Akt sind alte Fresken erkennbar, man denkt an das ewige Feuer in Gehenna. Göttliche Vergeltung wird mit Sforzando-Einsätzen der Hörner und Posaunen illustriert. Deutlich wird auch, dass hier ein Motiv in zwei gegensätzlichen Versionen das Geschehen beherrscht. Der Klangfarbenreichtum des Werkes wird gerade bei Katjas Szenen einfühlsam in Streicher- und Holzbläsertönen unterstrichen. Und auch die Liebesmusik des zweiten Aktes gelingt sehr unmittelbar und emotional. Holzbläser und Bratschen musizieren über einem bedrohlichen Orgelpunkt. Katja erliegt völlig der Hypnose, sie liegt mit dem Rücken auf dem Boden, bevor sie in den Fluss springt. Und die Solo-Oboe nimmt die Melodie von Tichons Trauer berührend auf.
Die Transformationen eines Themas in ein anderes gelingen hier mit großer Intensität. Und das bewegend-bestürzende Prestissimo-Ostinato mit Blechpassage und Paukenwirbel am Schluss betont die Grausamkeit des Geschehens fast abrupt. Für das gesamte Ensemble gab es begeisterten Schlussapplaus - insbesondere für Annette Dasch, die als Katja ihr Hausdebüt an der Staatsoper Stuttgart gab.