Brauchen wir heute noch Helden? Und wenn ja, wie sollten sie sein? In einem Prolog zu seinem neuesten Stück "Prometheus Landschaft II" lässt Jan Fabre vielfältige Möglichkeiten durch-deklinieren; immer von der Frage begleitet, ob man verzweifelt sei, und einer anschließenden aggressiven Aufzählung von bedeutenden und weniger bedeutenden Psychoanalysten unterbrochen, die der Protagonist, dem verwendeten four-letter-word nach zu urteilen, wenig zu schätzen weiß. Zumindest scheint Psychologie nicht als Erklärungsmodell für das Spiel der Götter zu taugen. So etwas scheint Fabre andeuten zu wollen, wenn er sich auf die Heldensuche begibt und dabei in der griechischen Mythologie fündig wird, dem Ursprung der europäischen Heldensaga.
Prometheus, der Vorausdenkende, ist der Ur-Rebell, der sich gegen die Götter auflehnte und dafür mit immerwährenden Qualen büßen musste. Ob er als wahrhaftiger Held taugen mag? In einzelnen Szenen stellen bekannte Mythengestalten, wie Hermes, Athene, Dionysos, Io ihre Sicht der Geschehnisse dar und Pandora wagt es gegen ihn aufzutrumpfen.
Da Prometheus den Menschen das Feuer brachte, ist Feuer bei Fabres Spektakel das Leitmotiv, im wörtlichen wie übertragenen Sinne. Die Sonne als Feuerball, das Feuer der Zigaretten und Streichhölzer, das Feuer als Wärme- und Lichtquelle. Das Feuer der Leidenschaften, der Liebe, der Wollust, der Wut, des Begehrens. Das Löschen des Feuers durch Wasser, Sand und Löschschaum. In beeindruckenden Bildern zeigt Fabre uns eine Welt die aus den Fugen geraten ist, eine Welt, bevölkert von toll gewordenen Doktoranden und flämischen Johnny Depp-Schwestern, getreu dem Macbeth-Zitat "It [life] is a tale told by an idiot, full of sound and fury, signifying nothing", das Fabre zu "anything" abwandelt. Und so wird seine Interpretation des Prometheus-Mythos zu einem Gesamtkunstwerk, dem die vielfältigen künstlerischen Talente Jan Fabres sowohl auf dem Gebiet der Malerei als auch der Theaterkunst zugutekommen. Ein furioses Werk mit überwältigenden Bildern!
Konzept, Leitung, Choreografie, Bühnenbild: Jan Fabre; Dramaturgie: Miet Martens; Text: Jeroen Olyslaegers, Jan Fabre, basierend auf Aischylos „Der gefesselte Prometheus”
Mit: Annabelle Chambon, Cédric Charron, Ivana Jozic, Kasper Vandenberghe, Kurt Vandendriessche, Gilles Polet, Lawrence Goldhuber, Katarina Bistrovic-Darvas, Katarzyna Makuch, Vittoria Deferrari; Musik: Dag Taeldeman; Licht: Jan Dekeyser, Jan Fabre; Kostüme: Andrea Kränzlin; Musik: Tom Buys.
Februar 2011