Oskar Schlemmer wurde während der Nazizeit verfemt und mit Berufsverbot belegt. Er fand, wie einige andere Künstler, Unterschlupf beim Farbfabrikanten Herberts in Wuppertal. Dort wurden sie als Lacktechniker beschäftigt und fertigten u.a. Lackbilder an. Anlässlich des 75. Firmenjubiläums schuf Oskar Schlemmer das "Lackballett" für 6 Figurinen: dem Bierdeckel-, Windmühlen-, Gitter-, Blumen-, Weihnachtskugel- und Drahtspiralmädchen. Das Stück wurde von Mitarbeiterinnen der Betriebssportgruppe ein einziges Mal am 6. Dezember 1941 im Concordiasaal in Wuppertal aufgeführt. Eine Rekonstruktion ist aufgrund des spärlich überlieferten Materials nicht möglich. Es existieren Fotos, einige choreographische und Kostümentwurfsskizzen, die Originalkostüme wurden im zweiten Weltkrieg zerstört.
Daher ist "Das Lackballett", das das Theater der Klänge kreiert hat, eher als eine freie Assoziation im Geiste Schlemmers zu verstehen, gewissermaßen als eine Hommage an ihn. Sie selbst benennen ihre Arbeit als "zeitgenössische elektronisch-interaktive Performanceform".
Eine riesige Leinwand auf einer Großstaffelei, auf dem mal die Lackbilder, mal durch die Bewegungen des Tänzers und der Tänzerinnen animierten Videobilder projiziert werden, bildet das Bühnenbild. Auf der dunklen Bühne präsentieren sich in kleinen Szenenabfolgen die Figurinen, hier als Segel-, Fächer-, Scheiben-, Blüten-, Kugeln- und Draht-Lichtfigurine benannt, einzeln, aber auch in Gruppen. Mit einfarbigen Tüchern werden verschiedene Choreografien gefunden: wehend, schwebend, reigenmäßig oder die Tücher werden gar zu origamihaften Skulpturen gefaltet. Die Figurine mit blütenförmigen Kostüm wird zum Drachen. Zwischendurch werden Texte von Schlemmer zitiert. Das in einem Brief Schlemmers erwähnte Tänzchen "Reigen im Lack", ursprünglich nach Musik von Händel, findet sich zum Abschluss als Menuett wieder. Nicht nur die bizarren Kostüme mit Punkten, Lackplättchen, Kugeln, - überwiegend in den Grundfarben Rot, Blau, Gelb, - bezaubern, sondern auch die anmutigen Bewegungen.
Das Theater der Klänge findet eine wunderbar moderne und stimmige Sprache. Zusammen mit der Musik und der Videoanimation schafft es wahrlich ein Gesamtkunstwerk. Ein Stück, das bezaubert und berauschend schön ist und entsprechend vom Publikum goutiert wurde.
Regie und Musik: J.U.Lensing
Choreografie: Jacqueline Fischer
Video: Yoann Trellu
Figurinenplastiken: Christian Forsen
Kostüme: Caterina Di Fiore
Lichtdesign: Markus Schramma
Interaktive Musiksoftware: Thomas Neuhaus
Künstlerisches Betriebsbüro: Miriam Pankarz
Tänzer & Tänzerinnen:
Miriam Gronau
Cheng-Cheng Hu
Tuan Li
Javier Ojeda Hernandez
Francesca Perrucci
Phaedra Pisimisi
Januar 2019