Youri Vàmos hat in seiner Choreographie von "Giselle", die am 21. September 2008 in der deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf Premiere hatte, das Geschehen in einem Dorf in Südfrankreich kurz von dem ersten Weltkrieg angesiedelt.
Giselle, eine junge Gastwirtstochter, wird von dem Waldhüter Hilarion umworben. Auch der Oberleutnant Albrecht hat sich in sie verliebt, treibt aber ein falsches Spiel, denn er verschweigt seine wahre Identität und ist bereits mit Bathilde, der Tochter seines Mayors, verlobt. Als dies während der Verlobungsfeier von Moyna und Philipe entdeckt wird und Albrecht sich nicht zu Giselle bekennt, zerbricht diese an seinem Liebesverrat.
In einem Feldlazarett begegnen sich die Protagonisten wieder. Es kommt zu einer Auseinandersetzung zwischen Hilarion und Albrecht. In Fieber- und Traumphantasien erscheinen Albrecht feenhafte Ebenbilder von Giselle, die ihn anklagen. Er trauert um sein verlorenes Liebesglück. Das Stück endet mit einem nachdenklichen, auf einem Balkongeländer sitzenden und rauchenden Albrecht.
Die beiden Akte von "Giselle" hat Vàmos konträr angelegt. Im ersten Akt geht es, was Bühne und Kostüme angeht, recht bieder, realistisch, idyllisch, bodenständig zu. Albrecht erscheint locker wie in einer alten Gitanes-Reklame, mit dem Fahrrad fahrend, rotes Halstuch und rote Baskenmütze tragend. Die Dorfbevölkerung trägt brave Miederkleidung. Die Gefühle werden im Tanz mitunter fast holzschnittartig expressionistisch ausgedrückt. Giselle tritt als starke Persönlichkeit auf. Ganz anders der zweite Akt. Nach dem realistisch geschilderten Beginn dieses Aktes mit der Krankenversorgung, dem Wiederkennen von Hilarion und Albrecht, schweben die Lazarettwände auseinander, um traumhaft, schwerelos schwebenden Schattenwesen Platz zu machen. Eine Traumphantasie in Grün und Blau, in der Farbgestaltung an Ferdinand Hodler erinnernd. Die tänzerischen Bewegungen sind runder, weicher als im ersten Akt.
Eine kleine Trouvaille ist die als Rückblende angelegte Szene im ersten Akt, die durch Geschützdonner bei Giselle ausgelöst wird. Im Lichtstreifen, der durch die geöffnete Tür des Gasthauses nach außen fällt, wird erinnert wie Giselle als Kind ein Gewehr fallen lässt, das ihr ihre Mutter für den davoneilenden Vater nachgereicht hatte, wobei sich ein Schuss löst, der den Tod des Vaters verursacht.
Neben der Titelpartie der Giselle, getanzt von Kaori Morito, die das Konzept von Vàmos perfekt umsetzt, ist besonders Suzanna Kaic hervorzuheben, die die Moyna federleicht und überzeugend tanzt. Ebenso überzeugen Valerio Mangianti als Albrecht und Filip Veverka als Hilarion.
Choreographie: Youri Vàmos
Giselle: Kaori Morito
Albrecht: Valerio Mangianti
Myrtha: Daniela Svoboda
Hilarion: Filip Veverka
Philip: Michal Matys
Moyna: Suzanna Kaic
sowie Solisten und Corps de Ballet der Deutschen Oper am Rhein
Düsseldorfer Symphoniker unter der Leitung von David T. Heusel
Weitere Aufführungen in Düsseldorf: Fr 03.10, Do 09.10, Fr 10.10., So 12.10, Sa 25.10 (jeweils um 19.30 Uhr)