„Composer-in-residence“ ist ein Komponist, der für eine gewisse Dauer in enger Verbindung mit einem Opernhaus oder Orchester arbeitet. In der Regel geht es um ein Bühnen- oder Orchesterwerk, das uraufgeführt werden soll. Wörtlich bedeutet der angelsächsische Ausdruck, dass der Komponist am Ort wohnt (ähnlich dem „Stadtschreiber“ im Literaturbetrieb). Meist gilt das aber nur im übertragenen Sinne. Wesentlicher ist der unmittelbare Kontakt zwischen ihm und dem Ensemble, das ihn als „Composer-in-residence“ eingeladen hat.
Dirigent, Sänger und Instrumentalisten erfahren bei gemeinsamen Proben die musikalischen Absichten des Komponisten aus erster Hand – so, wie es Jahrhunderte lang üblich war. Mozart, Beethoven, Strauss, Brahms: Sie alle kannten die Solisten, Dirigenten und häufig auch die Orchester, die ihre Werke uraufführten. Oft waren sie bei den Proben zugegen, wenn sie nicht ohnehin selbst dirigierten oder als Solisten mitwirkten. Heutige Interpretationen ihrer Kompositionen bestimmen sich durch Notentext, Forschungsergebnisse, Aufführungstraditionen und die eigene Sichtweise der Ausführenden.
Komposition von Valerio Sannicandro beim 2. Philharmonischen Konzert
Als erstes Auftragswerk steht im 2. Philharmonischen Konzert am 28. November, 20 Uhr, und am 30. November, 19 Uhr, im Großen Haus am Schillerplatz „Beweise: Über die Abwesenheit der Seele“ des 1971 geborenen Valerio Sannicandro auf dem Programm. Die Proben haben bereits begonnen. Das große Engagement der Musiker lässt ihre Neugier spüren, sich auf „neue Klänge“ einzulassen. Gerne nutzten sie bei der ersten Begegnung die Gelegenheit, den Komponisten direkt zu befragen und ihm – vor allem im reich besetzten Schlagwerk – unterschiedliche Vorschläge zur Umsetzung seiner Ideen zu machen. Rückmeldungen an den Komponisten gehören nämlich ebenfalls zum Konzept „Composers-in-residence“.
Bei alledem bleibt das Publikum keineswegs „außen vor“.
Auch die Zuhörer profitieren von der Anwesenheit des mehrfach preisgekrönten Komponisten. In der Einführungsveranstaltung jeweils eine halbe Stunde vor Beginn des Philharmonischen Konzerts im 2.-Rang-Foyer stellt sich Valerio Sannicandro interessierten Zuschauern vor. Im Konzert selbst bringen er und Dirigent Evan Christ dem Publikum das uraufgeführte Werk näher. Sannicandro komponiert Klänge – im doppelten Sinn. Er fügt Klänge zusammen und er verändert sie. Ganz wichtig sind ihm dabei räumliche Wirkungen. In „Beweise“ kombiniert er Klangerlebnisse mit einer melodischen Linie. Man kann Sannicandros Komposition vielleicht als eine „Schule des Hörens“ bezeichnen, bestens geeignet für einen Einstieg in die Musik des 21. Jahrhunderts.
Vorschau
Bereits am 27. Februar / 1. März 2009 begegnen die Zuhörer im 5. Philharmonischen Konzert der slowenischen Komponistin Nina Šenk. 1982 geboren, kann sie bereits auf zunehmende internationale Aufmerksamkeit verweisen. Als „Composer-in-residence“ bringt sie ein Werk für Violine und Orchester zur Uraufführung, das sie im Auftrag des Staatstheaters Cottbus für die Solistin Anja Bukovec schrieb.
Beide „Composers-in-residence“ und mehrere ihrer Kompositionen sind zu erleben am 7. März 2009 im Kunstmuseum Dieselkraftwerk Cottbus bei der „Kammermusik im Kunstmuseum“. Mitglieder des Philharmonischen Orchesters interpretieren Kammermusikwerke, die Breite und Entwicklung des Schaffens Sannicandros und Šenks zeigen. Die Veranstaltung ist als Gesprächskonzert angelegt, die Zuschauer werden viel über die beiden Komponisten erfahren und können Fragen an sie stellen.
Karten:
Für das 2. Philharmonische Konzert am 28. und am 30.11. gibt es jeweils noch Restkarten. Ticket-Telefon 01803 / 44 03 44 (9 Cent/Min.)
Das Foto zeigt von links nach rechts: Generalmusikdirektor Evan Christ , Komponist Valerio Sannicandro und Schlagzeuger Holger Schmalz bei einer Probe zum 2. Philharmonischen Konzert