In dem Schweizer Sanatorium Les Cerisiers werden zwei Krankenschwestern ermordet. Der Blick fällt sofort auf zwei verdächtige Patienten: Der eine ist Ernst Heinrich Ernesti, der sich für Albert Einstein hält - und der andere ist Herbert Georg Beutler, der glaubt, dass er Sir Isaac Newton sei. Der dritte im Bunde dieser skurrilen Patienten heißt Johann Wilhelm Möbius, der von Visionen von König Salomo heimgesucht wird: "Ich bin der arme König Salomo."
Sehr gut kommt bei dieser Aufführung zum Vorschein, dass Möbius hier eine zentrale Stellung einnimmt. Dies zeigt sich nicht nur, als seine ehemalige Frau bei ihm auftaucht und sich von ihm verabschieden will, weil sie einen neuen Mann mit Kindern geheiratet hat. Auch Möbius' gespielter Tobsuchtsanfall und sein "Psalm Salomos" führt zu einem Eklat. Die Krankenschwester Monika Stettler gesteht ihm ihre Liebe - und Möbius selbst bekennt sich auch zu ihr. Doch dieses Ereignis kann nicht verhindern, dass er sie schließlich hinter der Bühne erdrosselt.
Die Bühne besteht dabei aus einem halbrunden Ambiente, dessen Türen immer wieder geöffnet und geschlossen werden. Im zweiten Akt stellt der umsichtige Regisseur Herbert Olschok Möbius' zentrale Stellung in diesem sarkastischen Stück plastisch heraus. Er kann nämlich seine beiden Kollegen, die ihn für ihr jeweiliges Herrschaftssystem gewinnen wollen, davon überzeugen, sich ebenfalls der Forschung zu verweigern und im Irrenhaus zu bleiben. So finden beide Wissenschaftler den Mut und die Kraft, sich von ihren Auftraggebern und deren politischen Systemen zu lösen und sich zu ihrer Schuld und Verantwortung zu bekennen. Trotzdem bleiben sie im Grunde genommen opportunistische Wissenschaftler. Sie bedauern zwar die Ermordung ihrer Krankenschwestern, rechtfertigen sich aber hinsichtlich ihrer undurchsichtigen Tätigkeit als Agenten.
Möbius möchte um jeden Preis die Verbreitung seiner Forschungsergebnisse und Ideen aufhalten. Doch die Irrenärztin und Chefin des Sanatoriums, Mathilde von Zahnd, macht ihm einen Strich durch die Rechnung. Sie hat nämlich bereits Kopien der Aufzeichnungen von Möbius erstellt und möchte mithilfe seiner Formel die Weltherrschaft erringen. Dies ist auch der Moment, bei dem man in der Inszenierung von Herbert Olschok richtig nachdenken kann. Besitzt Mathilde von Zahnd wirklich mörderische Energie? Zumindest hat sie die Männer voll in ihrer Hand: "Für wen sich meine Patienten halten, bestimme ich."
Die Schauspielerin Hellena Büttner kann die komplizierte Figur dieser Irrenärztin auch psychologisch glaubwürdig entschlüsseln. Denn sie gibt Möbius angesichts der Ermordung der Krankenschwester Monika in gewisser Weise Recht: "Seine Majestät ordnete den Mord an." Nur als "alte, bucklige Jungfrau" erscheint sie bei dieser Inszenierung nicht, was vielleicht auch eine szenische Schwäche ist. Peter Bause kann der Figur des Johann Wilhelm Möbius ein markantes Profil geben. Dies gilt vor allem dann, wenn er verzweifelt den Namen der von ihm ermordeten Krankenschwester ruft. Da gewinnt das Stück eine ungeheuer tragische, ja herzzerreissende Bedeutung. Andre Vetters als Herbert Georg Beutler alias Newton und Stephan Bürgi als Ernst Heinrich Ernesti alias Einstein gewinnen ihren Rollen weitere Glaubwürdigkeit ab. Und der von Christian A. Hoelzke sehr konsequent dargestellte Kriminalinspektor Richard Voß zieht sich trotz der Morde schließlich zurück, weil er scheitert.
Das bürgerliche Rechtssystem hat bei Dürrenmatt in grandioser Weise versagt. Für Dürrenmatt steht das Theater im Zentrum, dies macht auch die Inszenierung von Herbert Olschok deutlich. Es gibt keine politische Richtung wie bei Brecht. Trotzdem könnten manche Szenen noch schärfer und pointierter dargestellt werden. So wirkt einiges eher geglättet. In weiteren Rollen gefallen Katrin Schwingel als Oberschwester Marta Boll, Tina Rottensteiner als Krankenschwester Monika Stettler, Wolfram Kremer als Oberpfleger Uwe Sievers sowie Regula Steiner-Tomic als Frau Missionar Lina Rose. Das Publikum quittierte die Leistungen des Ensembles mit freundlichem Schlussbeifall.