Die Bühne ein leerer dunkler Raum. Zu Bachs "Air" erscheinen nach und nach acht Tänzer und schreiten das Bühnenkaree ab. Im Rhythmus dazu das Klackern der Stöckelschuhe der beiden Tänzerinnen. Nichts weiter als Gehen in einem sich repetierenden Fluss. Körper, die der Musik zu lauschen scheinen. Körper, die die Geometrie des Raumes und die Geometrie der Gesten erkunden. Hoghe spart an Gesten. Er lässt sich Zeit, viel Zeit und bringt damit den Zuschauer in eine meditative Ruhe.
In Hoghes neuestem Stück "Cantatas", das jetzt am Tanzhaus NRW uraufgeführt wurde, sind nicht nur einige Kantaten Bachs zu hören, wie der Titel vermuten ließe, sondern auch Werke von Gluck und Stravinsky, ebenso wie populäre Musik. Die Sopranistin Kerstin Pohle beweint ihr grausames Schicksal. In den Liedern geht es nicht nur um Liebesleid und Eifersucht, sondern auch um Verliebtheit, die im lebensfröhlichen "Singing in the Rain" dargestellt wird. Dazwischen ein ironischer Vortrag von Finola Cronin über 10 Präambeln für Tänzer. Zwei Fächer in Rot und Weiß und ein Strauß weißer Lilien in Cellophan, mit dem Hoghe verloren über die Bühne läuft, ein Paar leuchtend rote Schuhe, mehr Requisiten gibt es nicht. Eine Ästhetik der Reduktion, die dem Zuschauer drei Stunden lang Zeit und Raum lässt, einfach nur zu sehen und zu hören und sich Erinnerungen hinzugeben. Das ist nicht nur von großer Klarheit, sondern auch ein Genuss in einer überaus hektischen, scheinbar niemals ruhefindenden Zeit.
Konzept, Regie, Choreografie und Ausstattung: Raimund Hoghe
Künstlerische Mitarbeit: Luca Giacomo Schulte;
Licht: Raimund Hoghe, Tim Lenzing
Ton: Frank Strätker;
Administration: Alice Rensy.
Tanz: Marion Ballester, Finola Cronin, Adrien Dantou, Emmanuel Eggermont, Raimund Hoghe, Luca Giacomo Schulte, Yutaka Takei, Takashi Ueno
und Kerstin Pohle (Sopran);
6. November 2012